ANISH KAPOOR in Berlin

Martin-Gropius-Bau, Berlin | bis 24.11.2013

Für seine erste große Ausstellung in Berlin bespielt er bis zum 24. November 2013 das gesamte Erdgeschoß des Martin-Gropius-Baus, einschließlich des grandiosen Lichthofs. Etliche Arbeiten wurden eigens für das Haus entworfen. Die Schau bietet mit etwa 70 Werken auch einen Überblick über das abstrakt-poetische Werk des Turner-Preisträgers von 1982 bis heute.


Anish Kapoor ist einer der weltweit bedeutendsten zeitgenössischen Künstler. Seit seinen ersten Skulpturen – einfache, auf dem Boden ausgebreitete Formen mit farbigen Pigmenten — hat Kapoor ein facettenreiches Werk aus verschiedenen Materialien wie Stein, Stahl, Glas, Wachs, PVC-Häuten und High-Tech-Material entwickelt. In seinen Objekten, Skulpturen und Installationen verwischen die Grenzen zwischen Malerei und Bildhauerei.

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Martin-Gropius-Bau, Berlin | bis 24.11.2013

Kapoor in Berlin

Pressetext: Martin-Gropius-Bau
Anish Kapoor Symphony for a Beloved Sun Monografie 700 - ANISH KAPOOR in Berlin

Katalog | Anish Kapoor.
Symphony for a Beloved Sun.

Monografie

Gebundene Ausgabe
368 Seiten, 220 Abbildungen
Verlag der Buchhandlung König (31. Mai 2013)
Sprache: Deutsch
34,6 x 23,4 x 2,2 cm

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Die Monografie gibt einen konzentrierten Überblick über sein vielfältiges Oeuvre der letzten 40 Jahre, von den Pigmentarbeiten bis hin zu den Spiegelarbeiten und polierten Großskulpturen. Im Hauptteil werden in Skizzen, Modellen und Installationsfotos die temporären, ortsbezogenen Arbeiten im Martin-Gropius-Bau dokumentiert, so die „…..“ in eindrucksvollen, zentralen Lichthalle. Diese neuen Arbeiten, die sich der Architektur des Martin-Gropius-Baus eindrucksvoll stellen, werden ausführlich illustriert und erläutert.

Kapoor, 1954 in Bombay geborenen, zählt zu den prominentesten Vertretern der British Sculpture. 1973 kam er nach London, wo er seither lebt und arbeitet. Kapoor studierte an der Hornsey School of Art Bildhauerei. Hornsey war damals die radikalste unter den Kunsthochschulen Londons — am offensten für Einflüsse der marcuseschen Revolutionen, die zu jener Zeit die Studentenbewegungen erfasst hatten. 1990 vertrat er auf der Biennale von Venedig Großbritannien und erhielt den begehrten Preis „Premio 2000“ der internationalen Jury. 1991 wurde ihm der renommierte Turner-Preis verliehen. Seit den frühen 1980er-Jahren wird sein vielfach prämiertes Werk weltweit ausgestellt.

Charakteristisch für Kapoors Arbeiten sind seine unbegrenzte Fähigkeit, die künstlerische Sprache sowohl in der monumentalen wie auch in der intimen Dimension immer wieder neu zu erfinden, und die vielen Dualitäten, die in seiner Suche nach den ästhetischen Kräften sowohl in der Perfektion also auch im Chaos zu Tage treten. Seine Arbeiten sind aus natürlichen und künstlichen Materialien geschaffen. Sie dienen Kapoors unendlich einfallsreicher und suggestiv abstrakter Metaphorik.


VIDEO | Euromaxx / Deutsche Welle TV [ Bericht: Jochen Lohmann ]

Einige Werke der Ausstellung im Martin-Gropius-Bau seien hier kurz vorgestellt:

Arbeiten mit Farbpigmenten stehen bei Kapoor seit den 1970er-Jahren immer wieder im Fokus. In „White Sand, Red Millet, Many Flowers“ von 1982 etwa, stellt Kapoor Bezüge zu seinem Geburtsland Indien her: Objekte, die an Schmuckelemente indischer Tempel oder buddhistischer Stupas erinnern, überzog er mit stark deckendem, leuchtendem Pigmentpulver in rot, gelb und schwarz.

Ende der 1980er-Jahre bearbeitet Kapoor Stein. „Wound“ ist eine solche Arbeit: Kapoor schlägt eine Schneise in die Innenseiten zweier Steine und füllt sie mit tiefrotem Pigment. Die Schneise setzt sich an der Stirnseite der Wand fort, dort laufen die Steine V-förmig zusammen. Die tiefrote Färbung betont das Organische. Sein Werktitel ruft vor dem inneren Auge vielfältige Bilder wach und lenken die Lesart.

Im Universum des Anish Kapoor gibt es viele schwarze Löcher. Einer der Höhepunkte der documenta IX war Kapoors Raum „Descent into Limbo“ (1992): In der Mitte eines begehbaren Kubus’ öffnete sich ein schwarzes Loch von scheinbar unendlicher Tiefe in den Erdboden und zog den Betrachter förmlich in sich hinein. Eine Neukonzeption dieser Arbeit findet sich im Martin-Gropius-Bau.

Kapoors konkave oder konvexe Spiegelgebilde stellen die Welt auf den Kopf. Im Widerschein der blankpolierten Oberflächen erkennt der Betrachter sich und den Raum verzerrt wieder. Die schimmernden Edelstahl-Spiegel lassen die Ordnung von Zeit und Raum aus den Fugen geraten. Der Betrachter wird auf sich selbst zurückgeworfen. In „Vertigo“, entstanden 2008, erscheinen mehrere Perspektiven simultan in einer Spiegelung. Der Besucher sieht sich wie durch ein Brillenglas nah und zugleich in weiter Ferne. Gemeinsam ist all seinen Spiegelobjekten das Spiel mit der Wahrnehmung. Trotz ihres Minimalismus’ wirken sie niemals hermetisch verschlossen, sondern offen und zugänglich. Sie laden den Betrachter ein, ein modernes Wunderland zu betreten und damit zum Akteur zu werden.


DVD Die Welt des Anish Kapoor

DVD | Die Welt des Anish Kapoor

Format: Dolby, HiFi Sound, PAL
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0), Französisch (Dolby Digital 2.0)
Region: Alle Regionen
Bildseitenformat: 16:9 – 1.77:1
Anzahl Disks: 1
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Studio: absolut Medien (Alive AG)
Spieldauer: 72 Minuten

Features: Kapitel- / Szenenanwahl | Animiertes DVD-Menü | DVD-Menü mit Soundeffekten | »Leviathan«: Making Of MONUMENTA 2011. Mit Jean de Loisy, Kurator der Ausstellung. Ein Film von Heinz Peter Schwerfel (15 Min.) | Zeitraffer des Aufbaus von 5 Werken (5 Min.)

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Mit Riesenspiegeln fängt er die Wolken, aus Farbpigmenten schafft er Skulpturen, seine Installationen sind schwindelerregend: Anish Kapoor spielt mit den Räumen, die ihm geboten werden, und verleiht ihnen eine schwer zu beschreibende Form von Leere — ein Nichts. Und das, obwohl seine Objekte oft größer sind als ein Einfamilienhaus.

Regisseur Heinz Peter Schwerfel führt uns zu Retrospektiven nach Bilbao, Mumbai und Delhi, in die Windungen der »Cloud Gate« in Chicago und spricht mit dem Künstler in seinem Londoner Atelier über Kunst, Leere, Psychoanalyse und die Notwendigkeit schnellen Scheiterns. Beeindruckende Bilder der monumentalen Skulptur »Leviathan« im Grand Palais in Paris bilden den Abschluss des Film-Porträts.


VIDEO | DVD Trailer

Bei Kapoors Wachsarbeiten wird der ausharrende Zuschauer zum Beobachter eines sich stetig verwandelnden Objekts. Wachs ist dank seiner Formbarkeit für Entwürfe spontaner Bildhauerideen geeignet und wurde in der Skulptur seit jeher für das Modellieren von Entwürfen, für Abdrucke und Gussverfahren verwendet. Kapoor nimmt dem Material seine Blässe und stellt es ins Zentrum seiner bildhauerischen Idee.

Der Künstler im Hallraum der Geschichte

[ Norman Rosenthal / Auszug aus dem Katalog ]

Ich tränke das Land bis hin zu den Bergen / mit der Flut
deines Blutes, / die Schluchten sollen sich damit füllen.
(Ezechiel 32-6)

Kapoor hat spektakuläre, oft überdimensionale Arbeiten sowohl für den öffentlichen Raum als auch für Museen realisiert und dabei immer wieder den jeweiligen Standort in die Konzeption des Werks miteinbezogen. Zu seinen beeindruckendsten Arbeiten der letzten Jahre gehören außer Shooting into the Corner (2008–2009) [siehe Katalog Seite 124] auch Leviathan (2011) [siehe Seite 108] und Svayambh (2007). Das Wort aus dem Sanskrit bedeutet
so viel wie „aus sich selbst heraus geboren“. Bei Kapoor bezeichnet es einen Eisenbahnwaggon, der mit blutrotem Wachs überzogen ist und auf Gleisen langsam durch den Ausstellungsraum rollt. In all diesen drei Arbeiten birgt das Eintauchen der Welt in die Farbe Rot schier endlose Möglichkeiten: von Grauen und Qual bis hin zu Erhabenheit und Triumph.
Alle drei Arbeiten erinnern an Baudelaires bildgewaltiges Gedicht „Die Blutfontäne“ aus den „Blumen des Bösen“ (1868): „[…] Mir scheint, zuweilen rinnt mein Blut in Wellen, Wie Schluchzer rhythmisch aus Fontänen quellen. Ich hör es lange murmelnd mir entschwinden, Versuch umsonst die Wunder aufzufinden. Die ganze Stadt durchfließt es in Gerinnseln, Aus Pflastersteinen macht es kleine Inseln, Es löscht das Dürsten jeder Kreatur und rötet allerorten Wald und Flur.[…]“

Kapoor transportiert die Symbolkraft von Farbe in ihrer Eigenschaft als Wesenheit, Material und Readymade.

Er lässt sich in kein Schema pressen. Typisch für ihn ist auch, dass jedes von ihm neu geschaffene Werk das Verhältnis zwischen Malerei und Bildhauerei zur Architektur neu definiert. Für den Lichthof des im Stil der Neorenaissance erbauten Berliner Ausstellungshauses gestaltet Kapoor eine neue Skulptur. Ihre Form und Materialität soll bis zur Eröffnung unbekannt bleiben. Sie wird in der Tradition von El Lissitzky, dem großen russischen Konstruktivisten, stehen, der in den 1920er Jahren für eine Aufführung von Malewitschs berühmter Oper „Der Sieg über die Sonne“ (Uraufführung 1913) eine Serie von Lithografien erarbeitete. El Lissitzky erfand mit „Proun“ eine neue Welt, die er selbst als „Umsteigestation von Malerei zu Architektur“ bezeichnete.


PRESSESCHAU

Treuer Erbe des Surrealismus

Carsten Probst für dradio Kultur | Beitrag lesen

Wie immer collagiert Anish Kapoor virtuos und mit scheinbar leichter Hand mögliche Bedeutungen, ortsbezogene Geschichte und das Faszinosum der maschinenhaften Anmutung und perfekten Produktion seiner Werke. Und wie immer weiß man am Ende nie ganz genau, was man davon halten soll.


Farbbomben und schwarze Löcher

Barbara Wiegand für dradio Kultur im Gespräch mit Anish Kapoor | Beitrag lesen

[ … ] ein schwarzes Loch im Boden, scheinbar unendlich tief.

„Ja, diese Ungewissheit, die spielt in vielen meiner Arbeiten eine Rolle. Also, dieses Loch in der Erde – oder wenn Sie so wollen, das schwarze Stück Teppich – das symbolisiert nicht einfach nur das Nichts. Es steckt auch voller Dunkelheit. Das kann man als Konzeptkunst ansehen, aber es hat auch eine spirituelle, eine existenzielle Ebene. Ja, dieses Loch steht für den Anfang, wie für das Ende.“

Dass es sich bei dem Blick in die Untiefen des Universums um eine Illusion handelt, dass das Loch in Wahrheit ein Stück Teppich ist und keinesfalls der Fußboden des Martin Gropius Baus durchbohrt wurde, das ist typisch für Anish Kapoor. Denn bei ihm sind die Dinge häufig nicht das, was sie scheinen. Sondern viel mehr.


Von Darmzotten fasziniert

Brigitte Werneburg für die TAZ | Artikel lesen

Wie Kapoor mit den Räumen arbeitet und spielt und seine Arbeiten dabei doch immer eigenständige plastische Werke bleiben, das ist das kleine Wunder, dessen Zeuge man im Martin Gropius Bau wird. Und dazu: über welchen Reichtum nicht nur an Formen, sondern an Materialien und Farben die Bildhauerei, aber auch wir in unserem Alltagsleben, heute verfügen. […] eine der schönsten Arbeiten in Berlin, die „Dirty Corner“ (2010), die ausschaut, als sei ein Rußkegel in der Ecke platziert. Tatsächlich wurde die Ecke aber nur so ausgemalt, dass das Schwarz dreidimensional und körperlich erscheint.


„Gute Kunst besitzt, so hoffen wir zumindest, große Spannbreite. Sie ist Menschen aller Schichten zugänglich, mit und ohne Bildung, und spricht uns zugleich emotional und körperlich an. Das Werk schafft Intimität. Es bezieht uns ein, fordert uns auf, komm und mach mit, tritt ein. Dieser Prozess ist es, der mich interessiert, weil er fundamental ist, fundamental dafür wo wir leben und was wir sind.« [ ANISH KAPOOR anishkapoor.com ]

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