OSKAR SCHLEMMER: Visionen einer neuen Welt

Staatsgalerie Stuttgart | bis 06.04.2015
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Oskar Schlemmer mit Maske und Metallobjekt, ca. 1931, Ausschnitt
Oskar Schlemmer Archiv, Staatsgalerie Stuttgart, 
Repro nach Original, um 1975
©Foto: Staatsgalerie Stuttgart

Die erste umfassende Schlemmer-Retrospektive seit fast 40 Jahren präsentiert über 250 hochrangige Werke. Neben zahlreichen Gemälden, Skulpturen, graphischen Arbeiten und Originalkostümen werden auch bislang unveröffentlichte Dokumente die künstlerische Vision Schlemmers vermitteln.


Die Große Landesausstellung 2014 würdigt das facettenreiche Werk des Stuttgarter Bauhauskünstlers, das alle Varianten der Malerei ebenso wie Skulptur und Bühnenkunst umfasst. Seit rund 40 Jahren sind die Arbeiten Schlemmers, die in ihrer unvergleichlichen Bandbreite und gedanklichen Tiefe einmalig sind, nicht mehr so umfassend in Deutschland zu sehen gewesen.  Schlemmers Auffassung vom Menschen als »Maß aller Dinge« war zu seiner Zeit am Bauhaus einzigartig. Dabei spricht er der Kunst die Kraft zu, die Erschaffung einer neuen Welt zu bewirken.

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Oskar Schlemmer (1888-1943) ist besonders für jüngere Kunstinteressierte heute vor allem eines: ein geheimnisvoller Künstler. Seine primär in deutschen und Schweizer Museen ausgestellten Arbeiten und — natürlich — die ikonische „Bauhaustreppe“ im New Yorker MoMA wirken mit ihren stillen Figurenräumen auf den heutigen Betrachter zunächst fremd und unnahbar.

Und auch das berühmte „Triadische Ballett“, dessen Originalkostüme in Stuttgart zu sehen sind, ist aufgrund fehlender Filmdokumente und seltener Tanzrekonstruktionen das vielleicht bekannteste unbekannte Meisterwerk des 20. Jahrhunderts. Dazu kommt, dass man Schlemmers facettenreiches Oeuvre, das alle Varianten der Malerei ebenso umfasst wie Skulptur und Bühnenkunst, seit der letzten großen Stuttgarter Retrospektive 1977 in seiner unvergleichlichen Spannweite und gedanklichen Tiefe kaum mehr würdigen konnte. Denn die verdienstvollen Präsentationen 1994 in Düsseldorf oder 1999 in Marseille waren eher schwerpunktmäßig auf Schlemmers innovative Theaterarbeit fokussiert.

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Staatsgalerie Stuttgart | 21.11.2014 bis 06.04.2015

OSKAR SCHLEMMER: Visionen einer neuen Welt

Pressetext: Staatsgalerie Stuttgart
Oskar Schlemmer Visionen einer neuen Welt 700 - OSKAR SCHLEMMER: Visionen einer neuen Welt

KATALOG | Oskar Schlemmer.
Visionen einer neuen Welt

Gebundene Ausgabe
300 Seiten
ca. 300 Abbildungen in Farbe
Sprache: Deutsch
28,5 × 29,5 cm

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Das Katalogbuch zur ersten umfassenden Schlemmer-Retrospektive seit fast vierzig Jahren präsentiert über 250 hochrangige Werke, insbesondere die sieben Originalkostüme des Triadischen Balletts sowie rare Zeitdokumente. Der Zusammenhang mit den ganzheitlichen Reformbestrebungen des Bauhauses wird ebenso diskutiert wie Schlemmers vergebliche Versuche, seine »unpolitische« Kunst mit den staatskünstlerischen Vorstellungen der NS-Diktatur zu vereinbaren. In den Blick genommen wird Schlemmers hoher ethischer Anspruch, der den als »Kunstfigur« typisierten Menschen immer als »Maß aller Dinge« betrachtet hat.

Schlemmers Auffassung des Menschen als „Maß aller Dinge“ war zu seiner Zeit, als besonders am Bauhaus abstrakte Tendenzen vorherrschten, ungewöhnlich, sein von dieser leiblichen Basis ausgehendes, unablässiges Ringen um Harmonie und Universalität einzigartig. Sein Kunstwollen war auf ein befreites, lichtes und in umfassendem Sinne modernes Dasein ausgerichtet und ist nur in Zusammenhang mit den ganzheitlichen Reformbestrebungen seiner Zeit zu verstehen.

Schlemmer sprach der Kunst weltverändernde Kräfte zu, verortete sie jedoch letztendlich nicht in individuell-politischer Tat. Seine Visionen eines „neuen“, im Kollektiv und in funktionaler Architektur aufgehenden Menschen reichte eher in metaphysisch-religiöse Sphären und war zunehmend jenseits vom tagesaktuellen Kontext angesiedelt.

Wie sich diese Vision im Laufe seines Schaffens verändert hat, wird ein Fokus der Ausstellung und der Katalogbeiträge sein. Herausgearbeitet werden soll, auch anhand bislang unveröffentlichter Dokumente, wie Schlemmer während des Krieges und kurz danach noch auf politische Reformen setzte, während er im Laufe der 1920-er Jahre zunehmend spiritueller, idealistischer dachte und seine Vorstellungen einer neuen Welt im Kontext eines ästhetischen Staates ansiedelte. Nahegebracht wird dem Besucher aber auch, wie Schlemmer, „vom Hellen“ herkommend, nach 1933 die „Rückkehr ins Dunkle“ als desillusionierte Konsequenz seines Weges betrachtete.

Das Faszinierende an seinem Werk ist das Oszillieren zwischen Vision und Utopie. Diese Ambivalenz ist wohl der Grund, warum Schlemmers Werke trotz ihrer Verankerung in der Moderne des Bauhauses zu jenen ganz singulären Andachtsbildern wurden, auf die wir uns immer wieder neu einlassen müssen, wollen wir ihren umfassenden Radius verstehen. Ihr Geheimnis werden wir auch in dieser Ausstellung nicht restlos lüften, doch gilt es aus der Distanz des heutigen Betrachters auch zu fragen, was jenseits des Ästhetischen für uns außerdem die wegweisenden Aspekte dieses Oeuvres sind — zu denken wäre etwa an Schlemmers beachtliche Aussage, wonach er sich als deutscher Künstler aus einem „Land der Mitte“ kommend sah und daher zum Versöhner zwischen Gegensätzen berufen.

Die Werkschau ist chronologisch und thematisch in sechs Sektionen aufgebaut, wobei der Bühnenarbeit und er Wandgestaltung je eine Sektion gewidmet wird. Mittels einer konzisen Auswahl seltener Zeitdokumente aus dem Schlemmer Archiv der Staatsgalerie und dem Berliner Bauhaus Archiv wird die Werkentwicklung kontextuell begleitet. Über 200 Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Skulpturen und Kostüme aus der umfangreichen Sammlung der Staatsgalerie sowie aus nationalen und internationalen Sammlungen sollen den singulären künstlerischen Rang Oskar Schlemmers vor Augen führen — wobei die drei großformatigen Entwurfsserien für die Wandbilder im Folkwang-Museum eine zentrale Würdigung erfahren werden.


VIDEO

bauhaus bühne & tanz 1 — Oskar Schlemmer
Herausgeber: Christian Hiller, Philipp Oswalt, Torsten Blume, Stiftung Bauhaus Dessau
Die Bauhaustänze von Oskar Schlemmer in Rekonstruktionen von Margarete Hasting und Gerhard Bohner.

DVD - Bauhaus - Bühne und Tanz Stage and Dance - Oskar Schlemmer 200

DVD im Digipack mit Booklet
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 1.0), English (Dolby Digital 1.0)
Bildseitenformat: 4:3 – 1.33:1
Anzahl Disks: 1
Spieldauer: 150 Minuten

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Im Bühnenwerk sah Walter Gropius ein mit der Baukunst vergleichbares Zusammenspiel verschiedener Disziplinen zu einer »orchestralen Einheit«. Aus der strukturellen Verwandtschaft der beiden Künste leitete er die Notwendigkeit zur Einrichtung einer Bauhausbühne ab. Hier sollten die elementaren Elemente der »Bühnengestaltung« untersucht und neuformuliert werden. Im Zentrum der Bauhausbühne stand Oskar Schlemmer, welcher von 1923 bis 1929 die Bühnenwerkstatt leitete. Mit seinem Triadischen Ballet und den Bauhaustänzen untersuchte er im abstrakten und geometrischen Spiel mit Form, Farbe, Ton, Bewegung und Licht das Spannungsfeld von Mensch und Raum und damit grundlegende Bedingungen des theatralen Gestaltens.


Staatsgalerie Stuttgart

OSKAR SCHLEMMER: Visionen einer neuen Welt

bis 06.04.2015

ÖFFNUNGSZEITEN

Di—So: 10 — 18 Uhr
Do: Abendöffnung bis 20 Uhr

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SOCIAL MEDIA anonym mit Hilfe des c't-Projektes Shariff

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