Arnulf Rainer / Dieter Roth | Misch- und Trennkunst

Die Deichtorhallen in Hamburg zeigen bis zum 6.1.2008 Fotografie, Malerei, Grafik, experimentelle Gemeinschaftsarbeiten, Video und Publikationen, die Arnulf Rainer und Dieter Roth zwischen 1972 und 1979 gemeinsam produziert haben. Diese waren bisher zum Großteil nie öffentlich zu sehen. Ergänzend werden – von 1968 bis 2005 entstandene – Einzelwerke der Künstler präsentiert.

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Die Ausstellung zeigt zwölf unterschiedliche Werkkomplexe aus dieser Zusammenarbeit und verknüpft diese mit dem vorhergegangenen und nachfolgenden Werk sowohl von Arnulf Rainer als auch von Dieter Roth. Ausgehend von der visuellen Erfindung der Automatenfotos und der Fotoübermalungen von Arnulf Rainer ab 1968 zeichnet die Ausstellung mit rund 160 Werken eine der intensivsten und kreativsten Kollaborationen in der Kunst der letzten Jahrzehnte nach.

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»Valentinaden«, Slapstickstücke, hat Arnulf Rainer (* 1928) die Arbeiten genannt, die ab 1972 in Zusammenarbeit mit Dieter Roth (1930—1998) entstanden sind. Mehrere Hundert Bilder, Fotografien und Filme wurden in ihrem gemeinsamen »Kreativitätslabor« hergestellt — sicherlich eine der produktivsten künstlerischen Kooperationen der letzten Jahrzehnte, vor allem aber eine der komischsten.

Es ranken sich einige wilde Anekdoten um die 1974 begonnene Zusammenarbeit dieser beiden Ausnahmekünstler, bei der annähernd 500 Arbeiten entstanden sind, die zumeist zu einzelnen Werken Dieter Roths oder Arnulf Rainers in keinem direkten Zusammenhang stehen. Beide Künstler waren vielmehr darum bemüht, ihre individuellen Konzeptionen ungebremst aufeinander prallen zu lassen, um Werke slapstickartiger Performativität sowie einen durch Humor gespeisten Bildwitz aufzulegen. Oft hat sich dabei der kleinere und schmächtige Arnulf Rainer dem größeren und korpulenten Dieter Roth gegenüber als provokanter Einflüsterer genähert, und Roth hat dann mitunter durch gezielte Aggressionen auf die Bildideen und Eingebungen Rainers reagiert. Fotografien begleiteten diese Zusammenkünfte. Rainer hat die Fotos dann bearbeitet und an Roth weitergereicht, der das Werk abschloss.

Kurator: Robert Fleck

Robert Fleck, 1957 in Wien geboren, ist Direktor der Deichtorhallen Hamburg. Er hat unter anderem bei Gilles Deleuze und Michel Foucault studiert und 1988 in Innsbruck mit einer Arbeit über die Revolution von 1848 promoviert. Die Wiener Künstlerbohème kennt er auch aus seiner Zeit als Assistent in Avantgardegalerien wie der Galerie nächst St. Stephan, Wien.

Deichtorhallen Hamburg
| Arnulf Rainer / Dieter Roth
| Misch- und Trennkunst
| bis 6.1.2008

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Hier Distans. Arnulf Rainer Dieter Roth die Wiener Künstlerbohème der Siebziger1 - Arnulf Rainer / Dieter Roth | Misch- und Trennkunst

KATALOG | PUBLIKATION

Rainer Roth: hier Distans
Arnulf Rainer und Dieter Roth & die Wiener Künstlerbohème der Siebziger

| 250 Seiten
| broschiert
| Sprache: Deutsch

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HIER DISTANS ist nicht nur reich bebilderte Dokumentation der Rainer/Roth’schen »Misch- und Trennkunst«, sondern analysiert erzählerisch und anekdotenreich die »Florettduelle« der beiden Künstler, erinnert an die produktiven Zusammenhänge der Wiener Künstlerbohème und ist somit nicht zuletzt ein Versuch über Kooperation, Szenenbildung und die Ökonomien der Avantgardekunst in den siebziger Jahren.

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Wandtexte zur Ausstellung | Auswahl

Arnulf Rainer – Werke von 1968 bis 1978 Arnulf Rainer (geb. 1929 in Baden bei Wien) ist bereits ein international beachteter abstrakter Maler, als er 1968 mit fotografischen Experimenten beginnt. Passbildautomaten in Bahnhöfen und Warenhäusern werden für Selbstportraits zweckentfremdet, mit denen der Künstler neue Bereiche der Expressivität auslotet. Ab 1969 arbeitet Arnulf Rainer auch an der Verbindung fotografischer Arbeiten mit Zeichnung und Malerei. Expressive Gehalte der fotografischen Bilder werden durch spontane Bemalung hervorgehoben und intensiviert. Unter der Bezeichnung „Erweiterte Fotografie“ sind diese Werke sowohl in der Fotografie als auch in der bildenden Kunst dieser Zeit präsent. Arnulf Rainers Einzelausstellung im österreichischen Pavillon der Biennale von Venedig 1978 bildet den Höhepunkt dieses internationalen Einflusses.

Gemeinschaftswerke mit Dieter Roth – 1973 bis 1980 Zwischen Arnulf Rainer und Dieter Roth entwickelt sich eine spannungsvolle Künstlerfreundschaft, in deren Rahmen etwa 700 Werke entstehen. Fotografie, Malerei, Grafik, Video und Performance verbinden sich zu einem Labor permanenter Kreativität. Dieter Roth (geb. 1930 in Hannover) wurde im Zweiten Weltkrieg in die Schweiz evakuiert und absolvierte dort eine Ausbildung als Zeichner und Grafiker. Seine vielfältige Kunst – zwischen Op Art, Malerei, Grafik und Dichtung – macht ihn bereits in den 1960er Jahren zu einer legendären Figur im Bereich der Avantgardekunst. Roth ist auch bereits vor der Kooperation mit Arnulf Rainer für seine Gemeinschaftsarbeiten mit unterschiedlichen Künstlern (von Stefan Wewerka bis zur Fluxus-Szene in den USA) bekannt.

Dieter Roth Museum Hamburg

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dieter-roth-orchester.jpgMusik-CD

Das Dieter Roth Orchester spielt kleine Wolken, typische Scheisse und nie gehörte Musik.

Andreas Dorau,
Dieter Roth, Mutter, Ghostigital, Max Müller, Mouse on Mars, Stereo Total u.a.

Herausgegeben 2006 von Wolfgang Müller (Die Tödliche Doris) und Barbara Schäfer.

Die Abstrusitäten, Absurditäten und Surrealismen von Roths Texten erfahren hier in den sinnentleerten Mustern der Popmusik eine schrille und schräge Interpretation, klanglich zwischen New-Wave und DJ-Kultur angesiedelt.

Bei seinen regelmäßigen Aufenthalten in Wien bewohnt Dieter Roth ein Zimmer in Rainers Atelierwohnung. In langen Arbeitssitzungen verschränken beide Künstler unterschiedliche Medien. Rainers „Erweiterte Fotografie“ – mit der Verbindung von Fotografie und Zeichnung  – bilden einen wesentlichen Bezugspunkt. Beide Künstler zeigen diese Gemeinschaftsarbeiten in den Jahren 1974 bis 1980 in ihren Einzelausstellungen, veranstalten aber auch spezielle Ausstellungen ihres Gemeinschaftswerks. Sie treten gemeinsam bei Performance-Festivals auf, veröffentlichen Manifesta, publizieren Schallplatten und beziehen mit polemischen „Ratiobriefen“ Stellung zum Kunstbetrieb.

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