WOLF VOSTELL | Die Menschenrechte sind Kunstwerke!

Museum Morsbroich, Leverkusen | bis Mai 2023
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Wolf Vostell, 1978 | Foto: Gisela Scheidler ( Ausschnitt )

2022 wäre der Künstler Wolf Vostell, einer der unruhigsten Geister des 20. Jahrhunderts, dessen inhaltliche Tiefe und Aktualität heute immer noch wirkt und dessen bildkünstlerische Manifestationen heute aktueller zu sein scheinen denn je, 90 Jahre alt geworden.


Aus diesem Anlass widmet ihm das Museum Morsbroich im Rahmen des Projekts »22/23: spielzeit« eine konzentrierte Werkschau mit Arbeiten aus der Sammlung des Museums. Sie spiegeln die Komplexität seines Oeuvres wider und lassen die Intensität spürbar werden, mit der sich Vostell seit den späten 1950er-Jahren in den unterschiedlichsten Medien wie Happenings, Environments oder Objektassemblagen kritisch mit gesellschaftsrelevanten Fragen und der substantiell zukunftsgefährdenden Realität des Krieges auseinandersetzte.

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Museum Morsbroich, Leverkusen | bis Mai 2023

WOLF VOSTELL. »Die Menschenrechte sind Kunstwerke!«
Eine Werkschau zum 90. Geburtstag

Neben frühen Dé-coll/agen, Zeichnungen, Objektkästen, Multiples und Editionen u.a., die auf Vostells Pionierleistung für die Aktionskunst und das Happening verweisen, zeigt das Museum Morsbroich bis Mai 2023 im monatlichen Wechsel große Teile seines filmischen Werks.

Zu sehen sind in der Filmkammer des Museums unter anderem Videoarbeiten zu Vostells Aktionen und Environments sowie frühe, künstlerische Dé-coll/age Video-Filme (1963–71) wie auch Vostells erster Film Sun in your head (1963), der das Prinzip der Dé-coll/age auf die Form der Montage bezieht und als erste künstlerische Arbeit überhaupt gilt, die aufgezeichnete Bewegtbilder aus dem Fernsehen verwendet.

Sein intermediales künstlerisches Werk hat die Bundesrepublik von den 1950er bis in die 1980er Jahre maßgeblich geprägt. Als Mitinitiator von Fluxuskonzerten und als Begründer des europäischen Happenings gehört er zu den wichtigsten Pionieren der Aktionkunst weltweit. Zuletzt 1992 ehrte die Stadt Köln Wolf Vostell mit einer Retrospektive seines Schaffens. Unter der künstlerischen Leitung seines Sohnes David Vostell entstand über diese Retrospektive der Dokumentarfilm VOSTELL 60 – RÜCKBLICK 92.


VIDEO | Vostell 60 Rückblick 92, Vostell Retrospektive im Rheinland | TV-Bericht 1992


Wie kaum ein anderer Künstler seiner Zeit reflektierte und reagierte Wolf Vostell (1932-1998) in seinem vielschichtigen Werk unvermittelt auf das aktuelle Weltgeschehen, thematisierte soziale Missstände und setzte sich gegen das Verdrängen und Vergessen des Krieges ein. Im Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens stand stets der Mensch und dessen Fähigkeit bewusst zu Handeln. „Jeder Mensch ist ein Kunstwerk“, so die pointierte Reaktion Vostells auf die Beuys’sche Aussage „Jeder Mensch ist ein Künstler“. Mit dem Blick von heute und angesichts der gegenwärtigen Kriegsereignisse ein nach wie vor aktueller Aufruf zu einem reflektierten Handeln an uns alle.

Seit 1958 integrierte er Fernseher in seine Arbeiten und stellte mit die ersten Videos der Kunstgeschichte her. Unter der Maxime „Kunst = Leben“ reizte Vostell die Gegenüberstellung alltäglicher Welten des bürgerlichen Wohlstandes und des verdrängten Grauens von Krieg und Brutalität aus und fand dabei zu einer Ästhetik, die ihre Zeit geprägt und sich im Wiederaufgriff der 1990er Jahre als über seine Zeit hinaus relevant erwiesen hat.

Zum Inbegriff seines Kunstschaffens wurde für ihn hierbei der Begriff der „Décollage“ (franz. loslösen, abtrennen). Dabei ist die Handlung, das Décollagieren, nicht nur als bloßer physischer Akt des (Plakat-)Abreißens zu verstehen, sondern ebenso als prozesshaftes Freilegen verborgener Bedeutungsebenen und mentaler Schichten. Die aktive Beteiligung des Menschen ist dabei immer Voraussetzung und essentieller Bestandteil seiner Kunst.

BUCH | Dé-coll/age und Happening.
Zum Werk von Wolf Vostell (1932-1998)

Gebundene Ausgabe
448 Seiten
114 S/W- und 24 Farbabbildungen
Sprache: Deutsch
16,6 x 12,4 x 2,8 cm

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Der vorliegende Band versammelt zehn Beiträge einer Tagung des Kunsthistorischen Instituts der Universität Kiel, die verschiedenen Aspekten und Werken Vostells nachgehen. Dabei wird der Intermedialität von Vostells Kunst durch kunsthistorische, literaturwissenschaftliche und medienästhetische Sichtweisen Rechnung getragen. Erstmalig wird die Werkgruppe der Knoblauch-Arbeiten wissenschaftlich untersucht und ein Katalog der Werke von Vostell in der Kieler Kunsthalle vorgelegt.

Mit Beiträgen von Mercedes Vostell, Klaus Gereon Beuckers, Jessica Wieczorek, Hans-Edwin Friedrich, Thekla Zell, Petra Maria Meyer, Gerald Schröder, Sandro Angelo Parrotta, Norbert M. Schmitz und Cornelius Hopp, herausgegeben von Klaus Gereon Beuckers.


VIDEO | Wolf Vostell – Happening Fluxus [ WDR-Dokumentation Köln, 1968 ]


Wolf Vostell (1932 – 1998)

www.vostell.de

zählt zu den Begründern und herausragenden Repräsentanten der europäischen Fluxus-Bewegung. Er ist einer der Pioniere der Aktions- und Videokunst, führte 1958 das erste Happening in Europa und 1961 das erste in Deutschland auf. Er war der erste bildende Künstler, der Fernseher oder Autoteile in Kunstwerke integrierte.  Bilder, Assemblagen, Environments, und Skulpturen Wolf Vostells sind oftmals mit TV-Geräten gestaltet. Meistens sind die TV-Geräte auf normales Programm eingestellt. Wolf Vostell bezieht so die Aktualität und das Zeitgeschehen in seine Werke mit ein. Wo immer auf der Welt sich ein Werk von Wolf Vostell mit TV befindet, wird in dem Werk durch das TV-Programm die Gegenwart reflektiert.

Seine Intention, die Kunst mit dem Leben zu verbinden („Kunst = Leben = Kunst“) wie auch seine ästhetischen Prinzipien übten einen starken Einfluss auf die internationale Entwicklung der Künste in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus.

BUCH Vostell ein Leben lang [ Eine Werkbiographie ]

BUCH | Vostell: ein Leben lang
Werkbiographie von Mercedes Vostell

Gebundene Ausgabe
519 Seiten
Mit zahlreichen Farb- und SW-Fotos
Sprache: Deutsch
24,6 x 16,4 x 3 cm

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In dieser Werkbiographie erzählt Vostells Ehefrau und Gefährtin Mercedes von den knapp vierzig Jahren ihres gemeinsamen Lebens und Wirkens. Sie beschreibt, wie Vostell zu seinen künstlerischen Ausdrucksmitteln fand, gibt detallierte Einblicke in die Entstehung und Umsetzung von Happenings und anderen Aktionen und berichtet von Weggefährten wie Joseph Beuys, Nam June Paik, Jorge Luis Borges oder Salvador Dali­.

Auf der Grundlage des Fluxus-Archivs im spanischen Malpartida, das Vostells umfangreiches Schaffen dokumentiert und bewahrt, werden die Stationen einer einzigartigen Künstlerexistenz akribisch nachgezeichnet und zu einem kunst- und zeitgeschichtlichen Panorama verdichtet.


Wolf Vostell Shoah - WOLF VOSTELL | Die Menschenrechte sind Kunstwerke!
Wolf Vostell - Shoa

Das letzte große Triptychon, das Vostell vor seinem Tod gemalt hat, trägt den Titel „Shoa“ und verweist auf die Judenverfolgungen von 1492 und 1945. Die historische Dimension des Holocaust bringt er in den Kontext von Spanien, Amerika und Deutschland. Um dieses große Gemälde wurde 2007 in Bonn eine Ausstellung entwickelt, in der von frühen Anfängen bis zu seinen letzten Äußerungen sein Thema von Gewalt, Macht und Ohnmacht deutlich wurde.

Vostell befasste sich in seinem gesamten Lebenswerk immer wieder mit der Frage, warum und in welcher Qualität der Mensch Gewalt und Macht einsetzt, gegen sich selbst, gegen andere Menschen und auch gegen die Natur als Gesamtgeschöpf. Diesem Themenkomplex spürte er in den unterschiedlichsten Formen nach, bis zu seinem Tod 1998.

Infos auf wikipedia

Wolf Vostell, Werke 1950er und 1960er Jahre (Auswahl)


Wolf Vostell: Das Flugzeug ist das Ei in der Hand des Himmels

Erstmalig hatte Wolf Vostell das Medien-Environment „Das Ei“ auf der documenta 6 in Kassel 1977 zeigen können. Damals wurde ihm jedoch die Anbringung des Flugzeugs auf dem Dach des Fridericianums verwehrt. Den zweiten Teil des Werkes „Das Haus des Tauben“ hingegen konnte Wolf Vostell in Kassel bereits realisieren. Dabei handelt es sich um einen schwarzen Raum, der einen Zyklus von 14 Bildern zeigt. Im dritten Teil, dem sogenannten „Labor“, sollte der Aspekt der Partizipation vertieft werden.

VIDEO | ZKM | Institut für Bildmedien

An den 100 Ausstellungstagen der documenta, lud Wolf Vostell 100 Besucher ein, Kommentare vor einer Kamera abzugeben. Er wollte den Einzelnen mit seinem Statement Kunst werden lassen. Wolf Vostells Idee eines partizipatorischen Videoarchivs wird im Rahmen der Ausstellung „Beuys Brock Vostell“ im ZKM aufgegriffen. Die Besucher sind eingeladen, im Labor ein Videoportrait im Sinne des Künstlers zu realisieren. Nach über 35 Jahren wird somit „Das Ei“ erstmals als dreiteiliges Gesamtwerk präsentiert und für den Besucher umfassend erfahrbar.


Museum Morsbroich

www.museum-morsbroich.de

WOLF VOSTELL. »Die Menschenrechte sind Kunstwerke!«
Eine Werkschau zum 90. Geburtstag

Ausstellung bis Mai 2023

Öffnungszeiten
Dienstag – Sonntag von 11 – 17 Uhr


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