JAMES BENNING by Manfred Werner / Tsui (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
Der Kunstverein in Hamburg zeigt mit „Decoding Fear“ die erste institutionelle Einzelausstellung von James Benning in Deutschland. Bennings Arbeiten widmen sich dem Verhältnis von technologischer Entwicklung und ihren gesellschaftlichen Konsequenzen.
Anhand von Bildern bestimmter Außenseiter, wie dem Philosophen Henry David Thoreau und dem als „Unabomber“ bekannten Mathematiker Theodore Kaczynski, reflektiert Benning die Ambivalenz des großen amerikanischen Traums von (technischem) Fortschritt, unbegrenzten Möglichkeiten, Freiheit und Unabhängigkeit.
In Kooperation mit dem Kunsthaus Graz und dem Metropolis Kino Hamburg. Im Kunstverein Hamburg wird das Werk eines der wichtigsten amerikanischen Künstler und Filmemacher umfassend und medial erweitert gezeigt.
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JAMES BENNING – Decoding Fear
Kunstverein Hamburg | Ausstellung bis 10.05.2015
KATALOG | James Benning.
Decoding FearTaschenbuch
220 Seiten
mit teils farb. doppelseit. Abb.,
Ausst’verz., brosch.
Text in dt. & engl. Sprache.
Verlag: König, Walther (29. April 2014)
22,6 x 16 x 1,8 cm
Der amerikanische Künstler und Filmemacher James Benning befasst sich mit der Ambivalenz, die zwischen technischem Fortschritt und dem Freiheitsversprechen einer Kultur besteht, die noch dem Pioniergeist verpflichtet ist. In seinem Werk klingt Kritik an den Praktiken der Informationsgesellschaft ebenso an wie die Auseinandersetzung mit Mythen der jüngeren US-Geschichte: konkret mit dem Philosophen Henry David Thoreau und dem Mathematiker Theodor Kaczynski, der zwischen 1976 und 1998 als „Unabomber“ bekannt wurde. Alles in allem zeigt diese Publikation die Bedeutung der Aussagen dieses Filmemachers mit seinem scheinbar so zeitlosen Werk gerade für die heutige Zeit, die von technischen Möglichkeiten – im positiven wie im negativen Sinn – geprägt ist.
James Bennings Filme, die in kontemplativen Totalen das Außergewöhnliche in alltäglichen Situationen aufspüren, sind von Präzision und Ruhe geprägt. Den kalifornischen Filmemacher auf Aufnahmen poetischer Landschaftssituationen zu reduzieren, wäre jedoch weit gefehlt. Bennings Faszination für die Natur ist nicht auf deren Ursprünglichkeit beschränkt, sondern meist sind es menschliche Eingriffe, die ihn an Landschaftsbildern besonders interessieren.
Kritik an den Praktiken der Informationsgesellschaft klingt dabei ebenso an wie die Auseinandersetzung mit Mythen, die sich nicht zuletzt in Figuren der jüngeren amerikanischen Geschichte wie den Philosophen Henry David Thoreau (1817—1862) und den zwischen 1976 und 1998 als „Unabomber“ bekannt gewordenen Mathematiker Theodor Kaczynski manifestieren.
Verwoben mit einer Vielzahl an Gegenständen, Nachbauten und malerischen oder typografischen Reproduktionen ergibt die Zusammenschau von Filmen, Objekten und Installationen eine Geschichte, die sich in gegenübergestellten Paaren darstellt und ebenso doppeldeutig lesen lässt.
Alles in allem zeigt die Ausstellung die Bedeutung der Aussagen dieses Filmemachers mit seinem scheinbar so zeitlosen Werk gerade für die heutige Zeit, die von technischen Möglichkeiten — im positiven wie im negativen Sinn — geprägt ist.
VIDEO | James Benning´s One Way Boggie Boggie & One Way Boggie Boggie 27 years later (Single channel)
James Benning shot One Way Boogie Woogie, an hour long film composed of 60 shots of industrial urban landscape: smokestacks, sidewalks, three Volkswagens, people and animals here and there. In characteristic fashion, Benning’s apparently simple, static shots are exercises in meticulous artistic composition and his careful sequencing ensures that the director’s playful humor is given full expression. Twenty-seven years later, Benning returned to Milwaukee to shoot „the same film again.“ As the first version the film is composed of 60 shots, all of 1 minute lenght. The second version keeps the original sound of the 1977 film.
„James Benning ist seit den frühen 1970er Jahren ein wichtiger und kontinuierlich arbeitender Vertreter des amerikanischen Avantgarde-Kinos und seit 1977 mit seinen Filmen regelmäßig im Forum der Berlinale vertreten.
Seit Ende der 1970er Jahre sind die Filme von James Benning fester Bestandteil der Filmfestivalprogramme im deutschsprachigen Raum. Durch Fernsehausstrahlungen ist sein Werk in Deutschland und Österreich heute fast bekannter als in seinem Heimatland. Die Doppel-DVD präsentiert jene Werke Bennings, die dieser interkontinentalen Beziehung entsprungen sind: Seine erste digitale Arbeit Ruhr ist eine Ode an das Ruhrgebiet, produziert anlässlich von RUHR.2010 Kulturhauptstadt Europas.
Sein jüngstes Werk natural history ist ein Porträt des Naturhistorischen Museums in Wien. Das Set wird ergänzt durch Reinhard Wulfs abendfüllenden Dokumentarfilm James Benning: Circling the Image.
DVD | Natural History & Ruhr
Regisseur: James Benning
Format: Dolby, PAL
Sprache: Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Deutsch
Bildseitenformat: 4:3 – 1.33:1
Anzahl Disks: 2
Erscheinungstermin: 19. Dezember 2014
Spieldauer: 284 MinutenDVD 1 – RUHR 2009, 122 Min. – FIRE & RAIN 2009, 1 Min. – 28-seitiges zweisprachiges Booklet
DVD 2 – NATURAL HISTORY 2014, 77 Min. – JAMES BENNING: CIRCLING THE IMAGE 2003, 84 Min.
James Bennings Werk umspannt eine umfassende, persönliche Geschichte seines Landes, eine filmische Durchquerung und Vermessung von Landschaft, Kultur und Politik der USA. Bevor er sich dem Film zuwandte, absolvierte der aus Milwaukee stammende Benning ein Mathematik-Studium. Seine Filme folgen strengen Ordnungssystemen, die gewissermaßen den Rahmen für seine gemäldehaften Bilder schaffen. Landschaft wird von ihm immer auch als sozialer und politischer Ort wahrgenommen. Mit seinen strukturellen Untersuchungen der Verbindungen zwischen Bild, Ton und Erzählung entwirft er ein komplexes Bild der amerikanischen Kultur, Politik und Geschichte. Sein rigoroser Formalismus wird dabei nie zum Selbstzweck, sondern dient dazu, neue Wahrnehmungsfelder zu eröffnen.“ [ via arsenal berlin ]
Decoding The Passed
Neugerriemschneider Berlin | 08.03.2014 – 12.04.2014
„Seit den späten 70er Jahren setzt sich James Benning neben seinem wegweisenden filmischen Schaffen mit dem Leben und Werk sogenannter „Outsider-Künstler“ auseinander. Als Teil dieser andauernden Recherche begann Benning im Jahr 2005 damit, handgemalte Repliken ihrer Arbeiten anzufertigen. Diese installierte er später in den beiden Nachbauten der Hütten des amerikanischen Autors Henry David Thoreau und des „Unabombers“, Ted Kaczynski, die der Künstler auf seinem Landstück in den Bergen der Sierra Nevada in Kalifornien errichtet hatte. Aus dieser ersten räumlichen Gegenüberstellung entwickelte sich ein ebenso weitreichender wie komplexer Diskurs, den die von Julie Ault herausgegebene Publikation (FC) Two Cabins by JB ausführlich dokumentiert (2011). Im Zentrum der Veröffentlichung stehen Bennings Fotografien der Hütten, der hierin angebrachten Malereien sowie die vom Künstler verfassten Biographien aller Personen, über die sich Bennings beziehungsreiches Projekt als faszinierender Prozess des Nachempfindens und Reproduzierens verfolgen lässt. Bennings raumgreifende Zweikanal-Filminstallation Two Cabins (2011), die er im Frühjahr 2012 in unseren Räumen zeigte, sowie die auf der letztjährigen Berlinale präsentierte Filmarbeit Stemple Pass (2012) markieren die Fortsetzungen seiner Annäherung an diese Figuren der amerikanischen Kulturgeschichte.
Indem Benning seine Beschäftigung mit den „Outsider-Künstlern“ sowie Thoreau und Kaczynski im Rahmen der Ausstellung um neue Aspekte erweitert, führt er sie über diese subtilen Bezüge zueinander. So sind acht Fotografien der Katalogseiten zu sehen, nach denen Benning die Werke von Black Hawk, Bill Traylor, MartÃn RamÃrez, Henry Darger, Jesse Howard, Joseph Yoakum, William Hawkins und Moses Tolliver kopierte. Hierbei handelt es sich um die acht Werke, deren Repliken Benning später in den Hütten von Thoreau und Kaczynski anbringen sollte. In Analogie zu dieser Konstellation installiert Benning im Hauptraum der Galerie acht weitere Werkkopien der acht Künstler im Kontext eines Tagebuchauszugs von Ted Kaczynski. Die Tagebuchseite wurde von Benning als großformatige Graphitzeichnung auf die Wand übertragen und gibt Kaczynskis Text im numerischen Code wieder, den er in den Monaten vor seiner Festnahme für seine persönlichen Aufzeichnungen verwendet hatte. Benning wählte für die Ausstellung eine Textpassage Kaczynskis, in der dieser die Codierung seiner eigenen Ausführungen thematisiert.
In Weiterführung seiner Beschäftigung mit dem Werk weitgehend unbekannter Künstler hat Benning eine neue dreiteilige Installation für die [ Berliner ] Ausstellung geschaffen. Sie besteht aus Bennings Nachbildung eines Quilts, den Missouri Pettway (1903 – 1981) aus den Kleidungsstücken ihres verstorbenen Ehemanns im Jahr 1941 genäht hatte und wird durch ihre von Benning skizzierte Biographie ergänzt. Diese erzählt die bewegende Familiengeschichte Pettways, die wie ihre Vorfahren als Sklavin einer Baumwollplantage in der Region um Gee’s Bend, Alabama lebte. Um sich vor der Kälte zu schützen, sammelten die Arbeiter Stoffreste, aus denen sie die Quilts knüpften. Benning verbindet diese Erinnerungsstücke an Pettway mit einer Glasarbeit, die als Variation eines Werks von Piet Mondrian entstanden ist und eine ästhetische Analogie zweier ansonsten disparater Welten zum Vorschein treten lässt.“ [ via Neugerriemschneider Berlin | 08.03.2014 – 12.04.2014 James Benning – „decoding the passed“ ]
Kunstverein Hamburg
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