Vom 26. Juni bis zum 26. September 2021 zeigt das Bucerius Kunst Forum eine umfassende Schau zur Darstellung von Industrie in Malerei und Fotografie – ein absolutes Novum. Nie zuvor wurde die künstlerische Auseinandersetzung mit der Entstehung und Entwicklung von Industrie und den damit einhergehenden Veränderungen von Landschaft und Arbeit im Dialog der beiden Medien beleuchtet. Moderne Zeiten.
Die von Ulrich Pohlmann und Kathrin Baumstark konzipierte Schau beleuchtet chronologisch in fünf Kapiteln, wie sich die künstlerische Industriedarstellung über die Jahrhunderte verändert hat und dokumentiert damit zugleich eindrucksvoll die Geschichte der Industrie in Europa und schlaglichtartig darüber hinaus.
Die mit Industrie verbundenen Facetten des Lebens bringen seit dem 19. Jahrhundert neue Bildmotive hervor: von idyllischen Fabrikansichten der 1850er Jahre über sozialkritische Tendenzen ab 1900, Fotografie der Nachkriegszeit und Bildreportagen der 1960er/70er-Jahre zur kritischen Sicht der Gegenwart in Zeiten des Klimawandels. Entwicklungen und Veränderungen der künstlerischen Industriedarstellung werden über den Zeitraum von 175 Jahren bildgewaltig präsentiert.
Ausgangspunkt der Ausstellung bilden Arbeiten aus den 1850er Jahren: Fabriken in idyllischer Einheit mit der Natur, Innendarstellungen der Arbeitsstätten und Arbeitsvorgänge in riesigen Produktionshallen von Stahlunternehmen sowie die zunehmende Mobilität durch Eisenbahn und Schiffsverkehr fanden Eingang in das Werk der Maler dieser Epoche. Die Fotografie war zu dieser Zeit noch keine eigene Kunstrichtung, doch wurden Fotografen von Unternehmen mit der Dokumentation von Großbaustellen wie dem Bau von Bahnhöfen und Eisenbahntrassen oder dem Schiffsbau sowie mit werbenden Aufnahmen etwa von Werksgeländen und -hallen beauftragt. Diese Fotografien von Industriearbeit und -bauten werden in der Ausstellung den Gemälden der Zeit gegenübergestellt.
Zu sehen sind Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern wie Adolph Menzel, Léon-Auguste Mellé, Hugo van Werden, Albert Renger-Patzsch, August Sander, Conrad Felixmüller, Oskar Nerlinger, Franz Radziwill, Walker Evans, Otto Steinert, Evelyn Richter, Bernd und Hilla Becher, Robert Voit, Thomas Struth oder Inge Rambow.
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Bucerius Kunst Forum, Hamburg | bis 26. September 2021
MODERNE ZEITEN.
Industrie im Blick von Malerei und Fotografie
Pressetext: Bucerius Kunst Forum www.buceriuskunstforum.de Kuratorin: Kathrin Baumstark, Bucerius Kunst Forum
KATALOG | Moderne Zeiten. Industrie im Blick von Malerei und Fotografie
Gebundene Ausgabe 264 Seiten 120 Abbildungen in Farbe Herausgeber: Hirmer Sprache:? Deutsch 22,5 × 28 cm
Impressionistische Künstler verwandelten gegen Ende des 19. Jahrhunderts Industrielandschaften zu Stimmungsbildern, in denen sich eigenwillige Lichteffekte studieren lassen. Zeitgleich stellten künstlerisch ambitionierte Amateurfotografen Fabriken und Arbeitsleben in atmosphärischen Kompositionen dar.
Auch sozialkritische Tendenzen spielten nun eine zunehmende Rolle. Während bis dahin Arbeiterinnen und Arbeiter inmitten einer übermächtigen Industriearchitektur eine marginale Stellung einnahmen und sich der Maschinenwelt unterordneten, erfuhr das Verhältnis von Mensch und Technik ab 1900 eine grundlegende Veränderung. Nunmehr rückte die soziale Frage immer stärker in das öffentliche Bewusstsein und Arbeiterinnen und Arbeiter wurden als Individuen wahrgenommen. Fotografen hielten nun auch die prekären Lebens- und Arbeitsverhältnisse des Proletariats etwa in New York und Berlin eindrucksvoll fest.
Zwischen 1880 und 1930 entwickelte sich in Deutschland das Genre der Industriemalerei ausgehend von Aufträgen seitens Großunternehmen. Maler arbeiteten – gelegentlich mithilfe fotografischer Vorlagen – in Großunternehmen der Stahl- oder Textilindustrie, um die Arbeit in den riesigen Fabrikhallen möglichst realistisch zu erfassen. Im Unterschied dazu setzten die Künstlerinnen und Künstler der Neuen Sachlichkeit zur selben Zeit häufig gesellschaftskritische Akzente. Statt für malerischen Impressionismus oder heroische Industriemotive interessierten sie sich für die soziale und politische Wirklichkeit, um die gesellschaftlichen Verhältnisse im Kapitalismus zu kritisieren. Zu ihren Themen zählten neben der Massenarbeitslosigkeit vor allem der soziale Klassenunterschied. Die neusachliche Industriefotografie hingegen artikulierte in der Regel keine dezidierte Kritik an der bestehenden Gesellschaftsordnung.
Nach 1945 bestimmte die sogenannte Subjektive Fotografie den Formenkanon der Industriedarstellung mit einer experimentell-abstrakten Bildsprache. Im Unterschied zu der technikeuphorischen Vorkriegszeit schwang in den Fotografien nun Distanz zum Fortschritt mit. In den 1960er/70er Jahren finden sich zahlreiche Bildreportagen über den Lebensalltag in Industrieregionen wie dem Ruhrgebiet, meist für illustrierte Zeitschriften erarbeitet. Ins Blickfeld rückten zunehmend Themen wie Umweltverschmutzung oder schwierige Arbeitsbedingungen, die von investigativ arbeitenden Fotojournalistinnen und -journalisten dokumentiert wurden. Mit dem zunehmenden Verschwinden traditioneller Industriebranchen wie dem Kohlebergbau und der Entstehung neuer Energieformen wuchs auch das künstlerische Interesse, eine im Untergang befindliche Industriekultur mit Bauten wie Wassertürmen, Fördertürmen oder Zechen fotografisch festzuhalten.
Seit den 1970er Jahren bis heute haben sich zahlreiche Künstlerinnen und Künstler mit den Folgen der Industrialisierung auseinandergesetzt. Verlassene Industrieruinen, Umweltverschmutzung und -zerstörung, ausbeuterische Arbeitsbedingungen, Minamata, Tschernobyl und Fukushima, die Auswirkungen von Gentechnologie in der Landwirtschaft oder die Veränderung der Lebenswelt infolge von Automatisierung und Digitalisierung werden in ihren Arbeiten thematisiert. Und so stehen am Ende der Ausstellung die Werke zeitgenössischer Fotografinnen und Fotografen, die die Veränderungen unseres Planeten durch die industrielle Ausbeutung der Ressourcen oder auch die Digitalisierung von Arbeitsprozessen sichtbar machen.
PRESSESCHAU
VIDEO
Im Interview gibt Kathrin Baumstark, Kuratorin der Ausstellung, einen Überblick über die Schau
Schornsteine, Straßen, ein Fluss | Gemälde zur Industrialisierung
„…die leeren Blicke der Fabrikbelegschaft auf dem Weg in den trostlosen Feierabend in Hans Baluscheks „Arbeiterinnen“ (1900) zeigen die Industrialisierung als stetigen Zerfall des Menschlichen. Und zwischendurch immer wieder ungebrochene Freude am Fortschritt, wie in Oskar Nerlingers „An die Arbeit“ (1930), wo der rauchende Schornstein als unaufhaltsam in die Höhe strebende Zukunftshoffnung fungiert.
Fortschrittsbegeisterung bei gleichzeitiger Skepsis, das sind die beiden Pole, aus deren Gegenüberstellung die Ausstellung über weite Strecken ihre Spannung zieht.“
Vom Hochofen zum Rechenzentrum
Anette Schneider für deutschlandfunkkultur | Artikel lesen
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„Sie malen die körperliche Anstrengung an den Stahlöfen und in den Bergwerken. Sie verdichten die Erschöpfung und Entfremdung durch eintönige Fabrikarbeit in eindringlichen Porträts. Sie zeigen bereits Ende der 1870er-Jahre durch Bergbau zerstörte, apokalyptische Landschaften, wie sie am Ende der Ausstellung auf aktuellen Fotografien über Brandenburgs Tagebergbau wieder auftauchen. Solche erhellenden Querverweise bereiten besonderes Vergnügen.
Und so wie schon Krupp 1865 die Fotografie nutzte, um für Kanonen und den nächsten Krieg zu werben, so steht man am Ende der Ausstellung vor Bildern einer aktuellen Waffenmesse und vor Aufnahmen der zusammengestürzten Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch. Gegen einen unversöhnlichen Kapitalismus stellt sich hier eine ebenso unversöhnliche Ausstellung!“
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