Bundesarchiv, Bild 183-H02648 / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)
Aus aktuellem Anlass verweisen wir noch einmal auf eine Ausstellung aus dem Jahr 2007/08 mit einem interessanten Katalog zum Thema. Mit Gemälden und Skulpturen, Zeichnungen, Grafiken und Fotografien von 200 Künstlerinnen und Künstlern führte die Kunsthalle Bielefeld zurück in das Jahr 1937.
In der Kunstgeschichte steht 1937 für den Beginn eines Alptraums der Plünderung und Zerstörung. Die Kunst wird aufgrund der erzwungenen Migration nahezu schlagartig international. Viele Künstler überdenken vor dem heraufziehenden Weltkrieg die Wirkung ihrer Formen.
Es ist das Jahr, in dem in München die Wanderausstellung „Entartete Kunst“ mit über hundert aus öffentlichen Sammlungen verbannten Künstlern eröffnet wurde. Ein spektakuärer Überblick – eine „Weltausstellung“ der Kunst des Jahres 1937. Das Kataloghandbuch dokumentiert die Künstlerbeiträge und -strömungen des erschütternden Jahres.
Gebundene Ausgabe 527 Seiten 391 meist farbige Abbildungen Verlag: Wasmuth Sprache: Deutsch 24,6 x 17,8 x 4,6 cm
Am Anfang der Ausstellung stehen mit Arno Breker, Leni Riefenstahl und faschistischen Malern, die Hitler unterstützte, einige der trügerischen Perfektionsideale des Nationalsozialismus. Im krassen Gegensatz dazu stellen mehr als zwanzig namhafte deutsche Künstlerpersönlichkeiten, darunter Max Beckmann und Richard Oelze, das „böse Erwachen“ dar. Der Blick fällt von hier aus auf Werke, die die Kunstszene Italiens, Spaniens und der Sowjetunion in ganzen Räumen repräsentieren.
Mit einem Szenenwechsel in die USA werden zwanzig weitere Maler gezeigt, die Sozialkritik üben oder kontemplativ resignieren, darunter Jackson Pollock und Mark Rothko. Nach dem Blick auf die Länder gibt es Stilvergleiche, um das international klassizistisch orientierte Skulpturenideal vorzustellen.
Parallel dazu erscheinen die großen Fotokünstler der Epoche, ob Walker Evans oder Dorothea Lange, die die Menschen nicht heroisch, sondern verlassen in ihrem materiellen und kulturellen Elend zeigen.
Einen Höhepunkt der Bielefelder Ausstellung bildet der internationale Surrealismus. Salvador Dalà und Max Ernst, Man Ray und Joan Miró agieren wie viele andere politisch. Sie drücken neben Pablo Picasso, der mit der „Femme qui pleure“ sowie „Guernica“-Studien und Werkfotos von Dora Maar vertreten ist, ihr Entsetzen über das Weltgeschehen aus.
Zum Schluss stimmt eine Übersicht der konstruktivistischen Hauptwerke darauf ein, dass Demokratie und Frieden ohne Balance kaum möglich sind.
… in München wird die „entartete Kunst“ eröffnet. Und damit ist der Weg für den Zweiten Weltkrieg frei.
Thomas Kellein, Direktor der Kunsthalle Bielefeld, illustriert seine These mit einer Masse von Bildern, darunter exquisite Arbeiten der damaligen Avantgarde. Also durchaus kein Schreckenskabinett:
„Man sieht den klassizistischen Figurengeschmack in der Skulptur, man sieht die internationale Fotografie, die Ausstellung schließt mit wunderbaren Räumen zum Thema Surrealismus und Konstruktivismus. Man hat also eine Weltausstellung der Kunst des Jahres 1937 vor Augen.“
Die zeigt zwar Bekanntes, in zahlreichen Büchern reproduzierte Kunst, aber eben alles im Original. Und da ergeben sich neue, auch überraschende Einsichten. Max Ernst zum Beispiel, der eben noch in einem Aufsatz eine Position „Jenseits der Malerei“ bezog, kehrt zurück zum Ölgemälde: Auf die Niederlage der Republikaner in Spanien reagiert der Surrealist entschieden politisch mit dem „Hausengel“, so sein ironischer Titel für ein groteskes Trampeltier, das in diktatorischem Furor alles vernichtet, was sich ihm in den Weg stellt.
Les Monstres
Von Mai bis Juni 1937 stellte Pierre Vorms noch feuchte Gemälde der Serie „Les Monstres“ von Anton Räderscheidt aus, insgesamt etwa vierzig Bilder, die nahezu sämtlich verschollen sind. Die Ausstellung eröffnete der bekannte Kunstkritiker Louis Chéronnet mit einer auf der Einladung abgedruckten Einführungsrede:
„Man muss gefährlich malen. [ raederscheidt.com ]
Räderscheidt der aus Köln über Berlin zu uns kommt und dessen erste Ausstellung in Paris diese hier ist, malt weiterhin gefährlich. Noch nichts von den alten eruptiven Kräften des germanischen Expressionismus hat sich in ihm beruhigt. Noch immer ist er besessen von einem dunklen inneren Feuer, und aus einem noch bewegten, unruhigen Lind widerspenstigen Stoff schafft er gekonnt seine heftigen Gestaltungen. Nicht die leiseste Absicht einer Verführung. Nicht einmal durch die Farbe.
Räderscheidt malt in gewaltigen, reinen Tönen, doch fast ohne äußeres Licht, und gerade durch die organische Schwierigkeit des Ganzen nimmt uns ein solches Bild gefangen. Es enthält das volle Pathos des Ursprünglichen. Und in seinen Massen nackter Körper, die sich den ungestümen Arabesken des Meeres widersetzen, sehe ich die synthetische Erscheinung des Menschen, der als Beherrscher immer noch sich auflehnen muss. Auf halbem Wege zwischen Abstraktion und Realismus und angetrieben von einem bestimmten metaphysischen Willen ergreift uns die Kunst Räderscheidts an unserer empfindlichsten Stelle: in den Regionen unseres Selbst, in denen das Sein zu denken, ein tauber Schmerz ist.“
Die Apokalypse bereits vor Augen
MINDENER TAGEBLATT – Ursula Koch | Artikel lesen
Im Erdgeschoss bilden Werke, die dem nationalsozialistischen Kunstideal entsprachen sozusagen den Vorspann. Nazi-Kunst zu zeigen, begründet Kellein mit dem Wunsch, „die Ursache für die Emigration der Künstler zu zeigen“.
In der großen Halle im ersten Stock tritt dem Besucher das Grauen entgegen. „Alle Künstler sehen den Untergang kommen“, kommentiert Kellein diese Ansammlung von Gewalt, Ungeheuern und Vernichtung. „So riecht die Niederlage“ betitelte George Grosz, der bereits 1933 in die USA ging weil ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt worden war, 1937 ein Gemälde, das einen Geier zeigt, der blutiges Aas an seine Jungen verfüttert.
„Entartete Kunst“ – Modernismus is now verboten
war im Juli 1937 der Titel einer Wanderausstellung, die in München einen Tag nach der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ im fertiggestellten und unmittelbar benachbarten Haus der Kunst eröffnet und von etwa 200.000 Menschen (2.000 täglich) besucht wurde; in ihr wurden Kunstwerke der jetzt verfemten Künstler gezeigt, die vorher in Galerien und Museen beschlagnahmt worden waren. Rund 5.000 Gemälde und etwa 12.000 Grafiken wurden damals aus öffentlichen Sammlungen im Deutschen Reich als entartete Kunst entfernt.
Die New York Times kommentierte das am 25. Juli 1937: „Modernismus is now verboten.“
VIDEO | Haus der Kunst, München 1937
Im Mai 1938 wurde das „Gesetz über Einziehung von Erzeugnissen entarteter Kunst“ erlassen. Danach konnten Kunstwerke, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes als Erzeugnisse entarteter Kunst beschlagnahmt worden waren, ohne Entschädigung für den Besitzer oder den Künstler “ … zu Gunsten des Reiches …“ eingezogen werden. In Luzern in der Schweiz wurden im Mai 1938 125 Werke so bezeichneter entarteter Kunst öffentlich versteigert; im März 1939 wurden in Berlin über 1.000 Ölgemälde und über 3.000 Aquarelle, Zeichnungen und Grafiken öffentlich verbrannt.
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