NORBERT BISKY. ZENTRIFUGE ist die bislang umfangreichste Einzelausstellung des 1970 in Leipzig geborenen Malers. Die Kunsthalle Rostock zeigt auf ihrer gesamten oberen Etage eine umfassende Übersichtsschau aller Schaffensphasen sowie neu entstandene Arbeiten. Der Künstler hat zudem eigens für das Atrium des Hauses eine ortspezifische Installation realisiert.
Mit rund 80 Gemälden liegt das Augenmerk der Ausstellung auf jenem Medium, das die Basis von Norbert Biskys künstlerischem Selbstverständnis bildet: der Malerei. Aus der beständigen Auseinandersetzung mit diesem Medium resultiert auch Biskys Umgang mit anderen Materialien und Gattungen, insbesondere der Schritt über die Bildgrenzen hinaus, beispielsweise in seiner Zusammenarbeit mit dem Staatsballett Berlin und dem Club Berghain im vergangenen Jahr.
Broschur Hatje Cantz Verlag 2014 144 Seiten, 67 Abb. Sprache: Deutsch, Englisch 21,5 x 1,7 x 27,3 cm
Die Publikation bietet erstmals eine überfällige kunsthistorische Auseinandersetzung mit Biskys Werk. Hubertus Gaßner, Kathleen Bühler, Dorothée Brill und andere Autoren gehen den Fragen nach, die diese vehemente Malerei auswirft: Warum dieser gewaltvolle Umgang mit dem Körper und seinem Bild, warum die Zerlegung von Figuration und festen Strukturen? Wo ist Bisky zu verorten?
Norbert Biskys künstlerischer Kosmos ist ebenso bunt wie grausam. Viele seiner figurativen Gemälde überziehen dicht gedrängt Körperteile Köpfe, Torsi, Arme von Flutwellen erfasst und ineinander verkeilt. Orange Hauttöne, helles Rosa, Grün, Gelb und Violett vor strahlendem Blau oder düsterem Schwarzbraun bestimmen die Palette, eine intensive Farbigkeit, die oft im Gegensatz zur Thematik der Gemälde steht: Nackte Männerkörper werden zerrissen, schöne Gesichter zerfetzt. Biskys kraftvolle Malerei erzeugt ambivalente Gefühle, er lotet darin die Grenzen der Repräsentation aus.
Seit seinem Studium bei Georg Baselitz an der Berliner Hochschule der Künste wird Norbert Bisky der figurativen Malerei zugerechnet und hat sich in den 15 Jahren seines bisherigen Schaffens auf vielfältige Weise der Figuration und ihrer Zerlegung gewidmet. Seine energiegeladenen, starkfarbigen Bilder kreisen um die Dynamisierung und Auflösung von Körpern, von festen Raumgefügen, von geschlossenen Oberflächen, von klaren Bildaussagen und von der Grenze zwischen Figuration und Abstraktion.
Sein Werk ist durchzogen von der Zerstörung fester Gefüge, von Expansion und Explosion. Gleich einer Zentrifuge, die der Erzeugung von Fliehkraft dient und die Trägheit der Masse nutzt, gerät in Biskys Bildern Festgefügtes in Bewegung.
Das Augenmerk der Ausstellung gilt den vielfältigen Auflösungstendenzen in der Malerei Norbert Biskys und spiegelt sich in einer Ausstellungsdramaturgie wider, die die geradlinige, nüchtern-modernistische Architektur der Kunsthalle Rostock – dem einzigen Neubau eines Kunstmuseums in der ehemaligen DDR – in ihrer Zirkularität nutzt.
Mittels ineinandergreifen der Schwerpunkte ermöglicht die Ausstellung unterschiedliche Sichtweisen auf Biskys Schaffen. Dabei verdeutlicht sie zugleich, welche Prozesse der Bedeutungskonstruktion und -konsolidierung im Akt der Rezeption stattfinden und somit im Auge des Betrachters liegen. Denn der Fokus von Biskys Malerei gilt nicht der Abbildung von Realität, sondern unserem Umgang mit Bildern und deren Wirkungsweisen.
Hatte der Künstler zu Beginn seiner Laufbahn die Bildsprache seiner sozialistischen Jugend persiflierend ins Visier genommen, gilt sein heutiger Blick vor allem den Medienbildern, der Ästhetik der Werbung, ihrer Konstruktion von Körperbildern und unserem Umgang damit.
„Kunst als Waffe ist Käse“
Interview von Tobias Timm mit Norbert Bisky | ZEIT online | Interview lesen
Bisky: Die Ausstellung heißt wie ein Gemälde von mir aus dem Jahr 2008: Zentrifuge. Im übertragenen Sinne spielt dieses physikalische Prinzip in vielen meiner Bilder eine große Rolle. Vom Zentrum ausgehend, wirken Kräfte, Formen explodieren, Massen werden beschleunigt und an den Rand gedrückt. Da löst sich etwas auf, die Dinge werden malerisch zersetzt.
ZEIT: Auf dem Gemälde Zentrifuge haben Sie das Gesicht eines Menschen mit Ihrem Pinsel so durcheinandergewirbelt, dass es aussieht, als wäre es mit einem Stabmixer bearbeitet. Woher die Gewalt, die in solchen Bildern sichtbar wird?
Bisky: Zum einen habe ich schon immer viele Albträume gehabt. Zum anderen ist da der Einfluss der Kunstgeschichte. Als ich während des Studiums ein Jahr in Madrid verbrachte, hatte ich ein winziges Atelier, in dem ich mich kaum drehen konnte. Ich habe dann fast jeden Tag in der Sammlung des Prado verbracht und Bilder kopiert. Das Museum gleicht in Teilen einem Splatter-Movie, viele Gemälde dort sind wesentlich brutaler als alles, was ich bisher gemalt habe. Sie haben sich in meinem Bildgedächtnis festgesetzt. Und dann gab es Auslöser, Gewaltsituationen, die ich selbst erlebt habe, wie etwa die Terroranschläge im November 2008 in Mumbai. Ich befand mich damals nur unweit des Hotels Taj Mahal Palace und sollte eine Ausstellung eröffnen.
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