Claudia Skoda (1943 in Berlin) ist mit ihrer Mode eine Schlüsselfigur und Ikone der West-Berliner Undergroundszene der 1970er- und 80er-Jahre. Mit ihren außergewöhnlichen Designs revolutionierte sie das Verständnis von Strickmode; ihre spektakulären Modenschauen sorgten international für Aufsehen. Mit dieser ersten Einzelschau würdigt die Kunstbibliothek das Schaffen Claudia Skodas – in ihrer Heimatstadt Berlin. Die multimediale Sonderausstellung präsentiert rund 200 z. T. noch nie gezeigte Arbeiten von Claudia Skoda und Wegbegleiterinnen wie Martin Kippenberger, Luciano Castelli, Ulrike Ottinger, Tabea Blumenschein, Kraftwerk, Jim Rakete und vielen mehr.
Bereits in den 1980er Jahren galt ihr Design international als „Knitted Genius“ (Key, 1984) und sie selbst als „Queen of Texture“ (Paper, 1985). Sie ist für die Zeitschrift Elle neben Coco Chanel, Vivienne Westwood und Madonna eine der Frauen, die den Look des 20. Jahrhunderts geprägt haben.
Bis heute arbeitet Claudia Skoda mit Kreativen verschiedenster Disziplinen zusammen – und bleibt zugleich die Königin ihres eigenen Metiers: Das Stricken, bevorzugt auf der Maschine. In ihrer Wohn- und Arbeitsgemeinschaft „fabrikneu“ in einer Fabriketage in der Zossener Straße in Kreuzberg traf sich ab Mitte der 1970er-Jahre die West-Berliner Bohème: Musikerinnen, Filmemacherinnen, Künstlerinnen, Modemacherinnen.
Die Wände sind schwarz und mit Glitzer gestrichen, der Catwalk von Martin Kippenberger ist ausgelegt, viele Bilder hängen bereits an der Wand: Die groß angelegte Einzelschau zu Claudia Skoda, ausgerichtet von der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin, wurde aufgrund der aktuellen Lage ins Frühjahr 2021 verschoben.
mit Beiträgen von Heidi Blöcher, Britta Bommert, Fiona McGovern, Esther Ruelfs, Marie Arleth Skov sowie einer persönliche Hommage von Wolfgang Joop an Claudia Skoda.
Gebundene Ausgabe 240 Seiten ca. 200 Abbildungen Verlag Kettler Sprache : Deutsch / Englisch 24.5 x 3 x 30.4 cm
Der umfangreiche Katalog begleitet ihre erste Einzelausstellung und stellt Mode, Fotografien, Filme und Musik von Künstlerinnen wie Martin Kippenberger, Luciano Castelli, Salomé, Jim Rakete, Ulrike Ottinger, Silke Grossmann, Manuel Göttsching, Kraftwerk und vielen anderen vor. Neben ihren Kollektionen, deren Fertigung und Vertrieb sind ihre Wohn- und Arbeitsgemeinschaft „Fabrikneu“, ihre Modenschauen und Verkaufsateliers, ihre Zeit in New York sowie Skodas Netzwerk und ihre Zusammenarbeit mit verschiedenen Künstlerinnen Thema des Buches.
„“In dem Buch finden sich jede Menge Fotografien aus dem privaten Archiv Skodas, das sie der Kunstbibliothek gestiftet hat, wie der Kulturjournalist Felix Denk schildert. Die Fotos wurden von Freunden Skodas gemacht, nicht von Modefotografen, aber es sind große Namen darunter, etwa Ulrike Ottinger oder Martin Kippenberger.“ ( Deutschlandfunkkultur )
Zur Veröffentlichung des Katalogs ist ein Online-Trailer mit Super-8 Originalaufnahmen der 1977er-Modenschau „Pablo Picasso“ und dem 1983er-Song „Danceteria“ von Claudia Skoda erschienen:
Die Sonderausstellung im Kulturforum nähert sich dem
Werk und Leben von Claudia Skoda in sieben thematischen Kapiteln:
fabrikneu: frühe Jahre, Fußboden und Modenschauen Im Kapitel „fabrikneu“ werden die frühen Jahre Skodas und ihre ersten Modeschauen in Kreuzberg thematisiert, wie „Shake Your Hips“ (1975), „Neues Spiel“ (1976) und „Pablo Picasso“ (1977). Der damals noch unbekannte Martin Kippenberger kreierte einen Fußboden mit rund 1.300 Fotografien von sich, Ulrike Ottinger und Esther Friedman – „Eine Woche aus dem Intimleben der Fam. Skoda und Bekanntenkreis“, so der Titel des Werks.
In der Ausstellung wird der Fußboden und auf ihm eine Auswahl an frühen Strickdesigns von Claudia Skoda zu sehen sein. Parallel lassen Super-8-Filme, Dias und Fotografien die fabrikneu-Modenschauen wieder aufleben.
Verhältnis zur Musik Im nächsten Kapitel wird das besondere Verhältnis Claudia Skodas zur Musik erörtert: Es gehörten nicht nur zahlreiche Musiker*innen zu ihrem Kundenkreis – u. a. David Bowie, Malaria!, Tangerine Dream, die Neonbabies, Donna Summer, Cher, Tina Turner und Rufus Wainwright – ihre Kollektionen sind auch voller Anspielungen auf verschiedenste Musikrichtungen – Jazz, Glamrock, Disco, Punk, Elektro.
VIDEO | David Bowie – Ashes To Ashes
1981 wechselte Skoda für kurze Zeit selbst die Disziplin und landete gemeinsam mit Rosie Müller mit ihrer EP „I bin a Domina“ einen Undergroundhit. Elektromusik-Pionier Manuel Göttsching mischte das Stück, Ralf Hütter und Karl Bartos von der Band Kraftwerk gestalteten das Cover.
Extravagante Modenschauen Ein weiteres Kapitel widmet sich Claudia Skodas extravaganten Modenschauen, vor allem „Laufsteg“ (1978), „Big Birds“ (1979), „Trommelfeuer“ (1982) und „Veit Fights“ (1983). Skoda setzte sich für jede dieser Shows ein Thema, das konsequent als Konzept in Choreographie, Styling, Musik und Plakatgestaltung bis zu einem Grad verfolgt wurde, wie es zu dieser Zeit noch nicht in der Modebranche üblich war. Mit diesen multidisziplinären Gesamtkunstwerken wurde sie zur Vorreiterin in der künstlerisch kontextualisierten Modepräsentation.
VIDEO | TV Feature 1979, Fashion Show „Big Birds“, Music: Manuel Göttsching
Zu „Big Birds“ beispielsweise gab es keinen Laufsteg, stattdessen wurde der Raum mit Absperrgittern durchtrennt und nur von einzelnen starken Scheinwerferkegeln beleuchtet. Das australische Performance-Duo Emu schlüpfte zu Beginn der Schau aus einem großen Ei. Parallel dazu lief ein Film mit Pinguinen in der Antarktis. Performer schwangen sich fast nackt und am ganzen Körper geschminkt auf einem Hochtrapez über die Models, die sich wie Vögel zu Elektrobeats bewegten. Skoda hatte sie zuvor in den Zoologischen Garten geschickt, um das Verhalten von Vögeln zu studieren.
Self-made Woman Claudia Skodas DIY-Attitude wird im Kapitel „Self-made Woman“ thematisiert. Von Anbeginn arbeitete Claudia Skoda eigenständig. Die ausgeklügelte Formgebung einzelner Kollektionsteile ist wegen ihrer Komplexität für die Herstellung in größeren Serien unrentabel. Skoda wählt nicht selten Garne, die von der Industrie gar nicht verarbeitet werden können.
Auch in der Werbung und im Vertrieb bleibt Claudia Skoda unkonventionell: Bis 1982 nutzte sie fabrikneu als Strickatelier, promotete ihre Mode ausschließlich auf Messen und Modenschauen und belieferte einzelne ausgewählte Boutiquen in Düsseldorf, Paris, London oder New York mit einzelnen Kollektionsteilen. Ihren ersten eigenen Laden eröffnete sie – nach Rat von David Bowie – in SoHo in New York.
1988 holte der West-Berliner Senat sie in ihre Geburtsstadt zurück, um die Eröffnungsgala zur Kulturstadt Europas zu organisieren. Mit „Dressater – Dressed to Thrill“ kuratierte Skoda eine multidisziplinäre Schau und lud dazu innovative Modedesigner*innen aus der ganzen Welt ein. Als die Mauer ein Jahr später fiel, fiel auch Skodas Entscheidung zu bleiben. Es folgten Läden auf dem Ku’damm, der Linienstraße und der Alten Schönhauser Allee.
Frauenfreundschaften und Frauenrollen Skodas ikonisches „Jazz“-Muster war insbesondere Ende der 1970er als Unisex-Leggings allseits beliebt. Besonders liebt sie es jedoch den weiblichen Körper zu umgarnen. Ihre Kleider sind charakteristischerweise für selbstbewusste Frauen gestrickt: Hauteng, durchsichtig, expressiv, oft in erstaunlichen Farbkombinationen. Dieser verspielte und freizügige Zugang zum Thema Körper ist für sie kennzeichnend.
Im Kapitel „Frauenfreundschaften und Frauenrollen“ zeigt die Ausstellung, wie Skoda und ihre Kolleginnen und Freundinnen zusammenwirken. Unter anderem werden Fotoserien der Nachtsessions gezeigt, in denen Skoda gemeinsam mit Tabea Blumenschein und Jenny Capitain spontan feminine Looks in Rollenspielen vor der Fotokamera Ulrike Ottingers durchdekliniert – von glamourösen Diven der 1920er- bis zu blondierten Sexbomben der 1950er-Jahre.
Modefotografie von Kunstfotografinnen Im Kapitel „Modefotografie“ wird Skodas ungewöhnliche Herangehensweise sowie ihr Faible für Fotografie deutlich. Skoda lässt ihre Strickdesigns nicht von bewährten Modefotografinnen, sondern von Kunstfotograf*innen ablichten wie Silke Grossmann, Tina Winkhaus und Daniel ‚DJ Punk‘ Josefsohn. In der Modefotografie Skodas geht es nicht in erster Linie um die Darstellung ihres Produkts, sondern um ein ästhetisches Konzept, um Stimmung, um Materialität.
Kunst und Mode Immer wieder bewegt sich Skoda mit ihren Kollaborationen nah an der Kunst: Für die Edition „Masterpieces“ von 1986 gewann sie Entwürfe aus dem Kreis der Neuen Wilden von der ehemaligen Galerie am Moritzplatz – Rainer Fetting, Anne Jud, Salomé, Luciano Castelli – die sie in limitierter Auflage in Strick umsetzte. Alle noch existierenden Entwürfe werden in der Ausstellung im Kapitel „Kunst und Mode“ gezeigt.
Ebenfalls wird die von Skoda konzipierte Performance „Deep Diving for Whales“ 1997 im Deutschen Guggenheim dokumentiert. Für diesen Anlass strickte sie farbenreiche Ganzkörperanzüge, von denen sich in einen Strickschlauch eingelassene, große, mit Helium gefüllte Ballons zur Decke streckten, während sich die Models amphibienhaft durch den Raum bewegten.
VIDEO | Berlin’s Legendary Fashion Icon on the Explosion of Culture in 1989 / VICE Magazine Die Geschichte der Modedesignerin Claudia Skoda gibt uns einen Einblick in die Bohème der 80er Jahre, als Berlin Künstler aus aller Welt anlockte.
Ausstellung als multimediale Dokumentation Die Ausstellung dokumentiert auf 400qm mit Mode, Fotografien, Plakaten, Filmen und Musik multimedial das Schaffen der Modemacherin Claudia Skoda in all seiner Vielseitigkeit. Zugleich wird ein Eindruck von der experimentierfreudigen Energie und dem Zeitgeist der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre in West-Berlin vermittelt. Ein Großteil der Exponate stammt aus Claudia Skodas eigenem Archiv sowie aus Privatarchiven von Zeitzeuginnen und Freundinnen. Viele der gezeigten Werke sind nie oder für lange Zeit nicht öffentlich zu sehen gewesen.
Sammlung Modebild – Lipperheidesche Kostümbibliothek Die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin, die mit der „Sammlung Modebild – Lipperheidesche Kostümbibliothek“ eines der weltweit bedeutendsten Bild- und Textarchive zur Geschichte der Mode besitzt, wendet sich mit der Ausstellung verstärkt der wissenschaftlichen Erforschung der Modenetzwerke Berlins Ende des 20. Jahrhunderts zu. Mit der Ausstellung geht ein Großteil des privaten Archivs von Claudia Skoda in den Bestand der Sammlung über und steht somit zukünftigen Generationen von Forscher*innen zur Verfügung.
Claudia Skoda während der Probe für das Foto-Shooting zur Kollektion „On Top“,
Polaroid, 1985, detail
Foto: Esther Friedman | Copyright: Staatliche Museen zu Berlin - Kunstbibliothek
via wikipedia | CC-BY 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de
Claudia Skoda
Claudia Skoda (* 1943) revolutioniert bis heute mit ihren außergewöhnlichen Designs das Verständnis von Strickmode und hat den Look des 20. Jahrhunderts maßgeblich mitgeprägt. Ihre spektakulären Modenschauen sorgten ab Mitte der 1970er-Jahre international für Aufsehen. In Skodas Wohn- und Arbeitsgemeinschaft fabrikneu in einer Fabriketage in der Zossener Straße in Kreuzberg traf sich die West-Berliner Bohème: Musikerinnen, Künstlerinnen, Modemacherinnen und Freundinnen – darunter Martin Kippenberger, Ulrike Ottinger, Tabea Blumenschein, David Bowie, Luciano Castelli, Esther Friedman, Malaria!, Kraftwerk, Jim Rakete und viele andere – sorgten gemeinsam für die experimentierfreudige Energie und den legendären Zeitgeist der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre in West-Berlin.
PRESSESCHAU
Subversives Stricken
Felix Denk im Gespräch mit Timo Grampes für Deutschlandfunkkultur | Artikel lesen
Beitrag anhören
„Skoda habe erst 1975 ihr eigenes Label gegründet und sich dabei auf Strickmode für Frauen konzentriert. Das höre sich erst einmal komisch an, sagt Denk. Aber: „Skoda praktizierte so etwas wie subversives Stricken.“
Tatsächlich sei Stricken ein wichtiges Modethema im Punk gewesen. Vivienne Westwood, ebenfalls eine Freundin von Claudia Skoda, habe in der „Sex-Boutique“ zerlöcherte Strickpullis verkauft. „Und Claudia Skoda strickte ja nicht nur mit Wolle, sondern auch mit Tonbändern, mit Bast, bisweilen sogar mit Draht und ziemlich durchsichtig. Transparenz war ein wiederkehrendes Thema bei Skoda.““
Die Modernistin
Oliver-Koerner-von-Gustorf für die TAZ | Artikel lesen
Ungeduldiges Warten auf die echte Schau | Claudia Skodas längst überfällige Berliner Retrospektive „Dressed to Thrill“ kann online besucht werden. Zum Katalog gibt es einen kleinen Film.
„Der Mythos Westberlins der späten 1970er und frühen 1980er ist untrennbar mit ihr verbunden.
„fabrikneu“ heißt die Loft-Etage in einem Kreuzberger Gewerbehof, in dem sie seit 1972 mit Künstlern und Musikern arbeitet und lebt. Martin Kippenberger, Manuel Göttsching von Kraftwerk, Iggy Pop, David Bowie, Ulrike Ottinger, die Künstlerin und Kostümbildnerin Tabea Blumenschein gehen ein und aus, sämtliche Heros dieser Zeit.
Auf den frühen Modenschauen tritt 1977 die Londoner Punk-Band Vibrators auf, Models wie die Züricher Performerin und Edelprostituierte Irene tanzen über einen von Kippenberger mit Hunderten von Fotos collagierten Laufsteg. Birds, Skodas Schau 1979 in der Berliner Kongresshalle, setzt neue Maßstäbe für die Präsentation von Mode.“
Anhand der veröffentlichten Ausstellungspublikation und einer in Kooperation mit Google Arts & Culture entstandenen Online-Ausstellung können Besucher*innen eintauchen in die West-Berliner Mode- und Undergroundszene der 1970er- und 80er-Jahre.
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