Mit der Lee Friedlander Retrospektive feiert bei C/O Berlin eine Ausstellung ihre Deutschland-Premiere, die das sechs Jahrzehnte umspannende Werk des US-amerikanischen Meisters präsentiert: von seinen Anfängen als junger Fotograf, der Jazz-Legenden für Plattencover fotografiert, über seine ersten nicht-kommerziellen Projekte, die während ausgedehnter Roadtrips in den USA und Europa entstehen, bis hin zu seiner fotografischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst und seiner Familie.
Trotz der schieren Masse an Bildern besitzen seine Fotografien in ihrer visuellen Essenz einen einzigartigen Wiedererkennungswert. Friedlander, der bis heute noch täglich fotografiert, verbindet eine intuitive Experimentierfreude mit einem beeindruckenden Gedächtnis über kulturelle Referenzen.
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Mit Leichtigkeit visualisiert er US-amerikanische Geschichtsschreibung im öffentlichen Raum und liefert fotografische Sozialstudien anhand von Schaufenstern und Straßenszenen.
In seinen Selbstporträts verwendet er bewusst Schattenrisse und Spiegelungen und revolutioniert so ein Genre, das solche Bildkomponenten bis dato tunlichst vermeiden wollte – sie galten schlicht als Fehler. Immer wieder gelingt es Friedlander, festgesteckte Grenzen in der Fotografie zu seinen Gunsten zu verschieben.
Sowohl fotografische Stilmittel von Vorbildern wie Eugène Atget, Robert Frank oder Walker Evans als auch unterschiedliche, formalästhetische Ansätze setzt er harmonisch in Verbindung, so dass sie in ihrer Neugestaltung zu integrativen Bestandteilen seines eigenen Werks werden.
Ihm geht es dabei weniger um den viel zitierten ‚decisive moment‘ (Henri Cartier-Bresson), sondern um ein ‚decisive framing‘ bei der Bildkomposition: nicht der entscheidende, fotografische Moment steht also im Vordergrund, sondern die Konstruktion unterschiedlicher Bildebenen. Einzelne Elemente fügen sich bei Friedlander assoziativ zusammen und eröffnen so neuartige Bedeutungszusammenhänge.
Ebenso facettenreich wie seine Arbeiten sind auch die Gefühle, welche sie bei den Betrachter*innen auslösen – von Erheiterung über Kontemplation bis hin zu Unbehagen.
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C/O Berlin | bis 03. Dezember 2021
LEE FRIEDLANDER
Pressetext: C/O Berlin | www.co-berlin.orgKuratoren: Carlos Gollonet, Fundación MAPFRE,
in Zusammenarbeit mit Felix Hoffmann, C/O Berlin Foundation
Lee Friedlander
Gebundene Ausgabe 381 Seiten Herausgeber: RM Verlag SL, 2021 Sprache: Englisch 24.13 x 3.05 x 29.85 cm
Eine neue, aktuelle Retrospektive der Fotografie-Legende Lee Friedlander
Dieser Katalog, der in Verbindung mit einer von der Fundación MAPFRE in Madrid organisierten Retrospektive veröffentlicht wurde, gibt einen Überblick über Friedlanders breit gefächertes Schaffen von den 1960er Jahren bis heute. Hochwertige Reproduktionen aller ausgestellten Werke werden durch Texte des Kurators Carlos Gollonet und des Fotografen Nicholas Nixon ergänzt.
Der Band dient als umfassender Führer zu Friedlanders Werk und bietet persönliche Einblicke durch ein Interview zwischen Maria Friedlander und Galeriedirektor Jeffrey Fraenkel sowie eine Chronologie des Lebens des Künstlers von seinem Enkel Giancarlo T. Roma.
VIDEO | C/O Berlin Asks im Gespräch mit Hauptkurator Felix Hoffmann und dem Kurator Carlos Gollonet von der Fundación MAPFRE.
Die Ausstellung bietet einen vollständigen, chronologischen Überblick über Lee Friedlanders künstlerisches Schaffen. Er gruppiert seine Arbeiten fast immer in Bildserien, die er über Jahre hinweg zusammenfügt, weiterentwickelt und stetig aktualisiert.
Neben Projekten, aus denen seine viel beachteten Bücher hervorgegangen sind wie The Little Screens (1963), The American Monument (1976) und America by Car (2010), zeigt die Ausstellung auch eine Vielzahl von Porträts, Selbstporträts, Familienfotos, Naturaufnahmen und Stadtansichten.
Im Laufe der Jahre entfalten seine Bilder ihre tiefere Sinnhaftigkeit, offenbaren ihre sich fortschreibende Gültigkeit bei der Darstellung der sozialen Landschaften von Amerika und zählen daher heutzutage zu den fotografischen Ikonen des US amerikanischen Alltags.
35 Jahre nach seiner ersten Ausstellung im US Information Center im Berliner Amerika Haus liefern nun bei C/O Berlin rund 350 Fotografien, über 50 Bücher als auch begleitendes Material unterschiedlichste Zugänge zum stilprägenden Oeuvre von Lee Friedlander.
Lee Friedlander | aus der Serie „Little Screens“, 1963 – 1969,
Copyright: Sammlung Falckenberg, Hamburg
Fotos: Jens UllheimerLee Friedlander | aus der Serie „Little Screens“, 1963 – 1969,
Copyright: Sammlung Falckenberg, Hamburg
Fotos: Jens UllheimerLee Friedlander | aus der Serie „Little Screens“, 1963 – 1969,
Copyright: Sammlung Falckenberg, Hamburg
Fotos: Jens UllheimerLee Friedlander | aus der Serie „Little Screens“, 1963 – 1969,
Copyright: Sammlung Falckenberg, Hamburg
Fotos: Jens Ullheimer
Lee Friedlander | aus der Serie "Little Screens", 1963 - 1969, Copyright: Sammlung Falckenberg, Hamburg Fotos: Jens Ullheimer
The Little Screens
Mit der Serie Little Screens thematisiert Lee Friedlander den Siegeszug der TV-Geräte als welterklärendes Massenmedium im amerikanischen Alltag. Ihre Veröffentlichung 1963 in Harper’s Bazaar begründet den Erfolg von Friedlander als einem Künstler, der heute zu den einflussreichsten Fotograf*innen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehört.
Lee Friedlander. The Little Screens
Herausgeber: Afterall Books Sprache: Englisch Taschenbuch 112 Seiten 14.86 x 1.07 x 20.96 cm
Lee Friedlanders The Little Screens erschien erstmals 1963 als Bildessay in Harper’s Bazaar, mit einem Kommentar von Walker Evans. Sechs unbetitelte Fotografien zeigen Fernsehbildschirme, die leuchtende Bilder von Gesichtern und Figuren in unbewohnte Zimmer in Häusern und Motels in ganz Amerika übertragen. Zwischen 1963 und 1969 wuchs die Serie, wurde aber erst 2001 in einer Ausstellung in der Fraenkel Gallery, San Francisco, in ihrer Gesamtheit gezeigt.
In diesem Buch argumentiert Saul Anton, dass die Little Screens „sowohl als Sammlung als auch als einzelnes fotografisches Werk funktionieren, das als offenes, potenziell unendliches Werk konzipiert ist“. Friedlanders Bilder, die den historischen Schnittpunkt zwischen moderner Kunst und Fotografie markieren, spiegeln die konkurrierenden Logiken des Museums, der Printmedien und der elektronischen Medien wider und nehmen die Probleme vorweg, die in einer Welt der allgegenwärtigen „kleinen Bildschirme“ entstanden sind.
Ingeborg Ruthe für die Frankfurter Rundschau | Artikel lesen
„Friedlander dokumentiert nicht. Er wagt seine eigene Erzählungen. Und nicht der entscheidende, fotografische Moment – wie bei der Magnum-Autorität Cartier-Bresson – steht im Vordergrund, sondern die Konstruktion unterschiedlicher Bildebenen. Er stört vielmehr das Erwartbare im Bild, mit Schatten, Spiegelungen, Überlagerungen. „Ich mache mit Absicht ‚Fehler‘“, erklärt er seinen eigenwilligen Stil.“
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