Agnolo Bronzino - Bildnis einer Dame in Rot (Francesca Salviati?), um 1533
Öl auf Pappelholz, 89,8 x 70,5 cm Städel Museum, Frankfurt am Main
Foto: Städel Museum – ARTOTHEK, Bildquelle: Städel Museum, Ausschnitt
Anhand von rund 120 bedeutenden Leihgaben wird dem Publikum erstmals in Deutschland ein zentrales Kapitel der italienischen Kunstgeschichte in seiner ganzen Bandbreite vorgestellt: der Florentiner Manierismus. Die Ausstellung widmet sich Florenz als dem ersten Zentrum des europäischen Manierismus und spannt einen historischen Bogen von der Rückkehr der Medici nach Florenz 1512 und den ersten künstlerischen Gehversuchen der neuen Generation um Pontormo und Rosso bis hin zu den 1568 in der zweiten Auflage veröffentlichten, bis heute einflussreichen Viten Giorgio Vasaris.
Zu sehen sind Werke u. a. von Jacopo Pontormo, Agnolo Bronzino, Andrea del Sarto, Rosso Fiorentino und Giorgio Vasari. Insgesamt 50 Gemälde sowie 81 Zeichnungen, Skulpturen und Exponate weiterer Gattungen bieten eine außerhalb von Florenz noch nie dagewesene Übersicht zu einer stilprägenden Epoche, die der Kunstgeschichtsschreiber Vasari mit dem schillernden Begriff „maniera“ charakterisiert hat.
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Städel Museum, Frankfurt | bis 05. Juni 2016
MANIERA – Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici
Ausgangspunkt ist ein Hauptwerk der Städelschen Sammlung, Bronzinos berühmtes Bildnis einer Dame in Rot (Francesca Salviati?) (um 1533), das zu den kostbarsten Stücken im Besitz des Hauses zählt. Besondere Unterstützung mit außerordentlichen Konvoluten von Leihgaben erfährt die Ausstellung durch die Florentiner Museen, insbesondere die Uffizien, die Galleria dell’Accademia und die Galleria Palatina. Weitere zentrale Leihgaben kommen u. a. aus dem Metropolitan Museum of Art in New York, dem J. Paul Getty Museum in Los Angeles, der National Gallery of Art in Washington, dem Louvre in Paris, dem Prado und dem Museo Thyssen-Bornemisza in Madrid, der Staatsgalerie Stuttgart, dem Szépmuvészeti Múzeum in Budapest sowie aus der Brera in Mailand.
KATALOG | MANIERA. Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici
Gebundene Ausgabe, Pappband 304 Seiten 250 farbige Abbildungen Prestel Verlag Sprache: Deutsch 24 x 3,2 x 28,7 cm
Das Buch behandelt die Zeit von der Rückkehr der Medici an die Macht 1512 und der ersten Generation der Manieristen bis zur Definition des Begriffs maniera in Vasaris Künstlerviten 1568 und präsentiert in qualitativ hochwertigen Abbildungen über 120 Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen aus den weltweit bedeutendsten Sammlungen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Werk der beiden Hauptvertreter des Florentiner Manierismus, Pontormo und Bronzino.Der Manierismus, wie dieser Stil heute genannt wird, hat viele Facetten: elegant, kultiviert, raffiniert, artifiziell, aber auch kapriziös und extravagant, bisweilen bizarr.
Der Katalog mit Beiträgen von führenden Experten behandelt die künstlerische Entwicklung in enger Verbindung mit der Geschichte der Stadt Florenz und macht den Leser mit einem der faszinierendsten Kapitel der italienischen Kunstgeschichte vertraut, das außerhalb von Florenz sonst nirgends in dieser Fülle und Dichte zu erleben ist.
Mit Leonardo, Michelangelo und Raffael gilt die Epoche der Hochrenaissance zu Beginn des 16. Jahrhunderts als ein Höhepunkt der Kunstentwicklung in Italien. Die Ausstellung im Städel Museum führt nun in insgesamt acht Kapiteln mit verschiedenen zeitlichen und thematischen Schwerpunkten eindrücklich vor Augen, dass einige besonders herausragende künstlerische Leistungen erst durch die beiden auf die Hochrenaissance folgenden Künstlergenerationen erbracht wurden.
Aufbauend auf den Florentiner Ausstellungen „L’officina della maniera“ (1996/97), „Bronzino. Pittore e poeta alla corte dei Medici“ (2010/11) und „Pontormo e Rosso Fiorentino. Divergenti vie della maniera“ (2014) präsentiert die Sonderausstellung im Städel Museum eine Gesamtschau der Malerei des Manierismus in Florenz im Kontext weiterer Kunstgattungen und der Stadtgeschichte. Zeitlich und topografisch knüpft die Schau damit an die erfolgreiche Städel Ausstellung „Botticelli. Bildnis, Mythos, Andacht“ von 2009/10 an.
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VIDEO | Maniera. Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici – Ausstellungsfilm
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RUNDGANG DURCH DIE AUSSTELLUNG
Die Präsentation erstreckt sich über beide Etagen des Ausstellungshauses. Zu Beginn widmet sich die Ausstellung „Maniera“ mit Pontormo und Rosso Fiorentino den prominentesten Vertretern der jungen Florentiner Malergeneration. Anhand verschiedener Varianten des florentinischen Bildthemas der „Madonna mit Kind und dem Johannesknaben“ wird deutlich, dass Pontormo und Rosso sich von den künstlerischen Idealen der Hochrenaissance – hier repräsentiert durch Raffael – zunehmend abwenden und dabei bewusst mit den damals geltenden Gestaltungsregeln spielen. Mit dem Bildnis eines Goldschmiedes (um 1518, Musée du Louvre, Paris) erweist sich Pontormo zudem als innovativer Porträtist seiner Zeit. Pontormos Zeichnungen jener Phase sind von einer kaum zu überbietenden Dynamik geprägt. Besonders deutlich wird dies etwa an dem Werk Drei männliche Aktstudien (um 1517, Musée des Beaux-Arts, Lille).
Zwischen 1519 und 1525 findet Rosso z. B. in Heilige Familie mit dem Johannesknaben (um 1521, Walters Art Museum, Baltimore) zu neuen, expressiven künstlerischen Ausdrucksmitteln, wie der folgende Abschnitt der Ausstellung verdeutlicht. Pontormo entwickelt zeitgleich vor allem durch die Beschäftigung mit nordalpiner Kunst seine ganz eigene künstlerische Handschrift und übersetzt Druckgrafiken Albrecht Dürers und Lucas van Leydens in eine Mischform aus florentinischem und deutschem Stil. Hierfür steht beispielhaft seine berühmte Anbetung der Könige (um 1519–23, Galleria Palatina, Florenz), die für die Frankfurter Ausstellung erstmals aus Florenz entliehen wurde.
Wie das nächste Kapitel der Schau veranschaulicht, steht die Kunst- und Stadtgeschichte von Florenz in jenen Jahren in engem Zusammenhang mit den Ereignissen, die sich in der päpstlichen Metropole Rom zutragen.
Unter dem Medici-Papst Clemens VII. versammeln sich viele junge Talente in der Stadt, darunter Rosso Fiorentino, Parmigianino, Polidoro da Caravaggio und Perino del Vaga. Mit der Plünderung Roms durch die Söldnertruppen Karls V. (Sacco di Roma) findet diese fruchtbare Konstellation 1527 ein Ende. Rosso trifft 1524 in Rom ein und schafft dort Fresken und Tafelbilder, verlagert seine Produktion jedoch bald auf das Gebiet der Druckgrafik, darunter etwa die hier gezeigte Serie der Götter in Nischen (1526) aus der Graphischen Sammlung des Städel Museums. Die Plünderung Roms ist auch für Florenz folgenreich. So vertreibt die Fraktion der Medici-Gegner die Familie aus der Stadt und ruft die Republik aus. Doch im Herbst 1529 beginnt die Belagerung der Stadt durch kaiserliche Truppen, denen sich die Republik Florenz 1530 ergeben muss.
Diese Zeit politischer wie auch gesellschaftlicher Umwälzungen ist eine der kreativsten und produktivsten Perioden der Florentiner Malerei. Beispielhaft dafür stehen in der Ausstellung Hauptwerke dieser Phase, etwa Andrea del Sartos Opferung Isaaks (um 1529/30, Museo del Prado, Madrid) oder Bronzinos Heiliger Sebastian (um 1528/29, Museo Thyssen-Bornemisza, Madrid). Die stadtgeschichtlichen Ereignisse der Zeit spiegeln sich auch in den vier verschiedenen Versionen des Motivs Martyrium der Zehntausend (um 1522–30) von Pontormo, Bronzino und Perino del Vaga wider, welche in der Ausstellung erstmals an einem Ort zusammengeführt werden.
Das folgende Kapitel widmet sich dem Aufstieg Bronzinos zum führenden Porträtmaler in Florenz unter dem ersten Herzog Alessandro de’ Medici. Im Mittelpunkt steht dabei Bronzinos fulminantes Bildnis einer Dame in Rot (Francesca Salviati?) im Städel (um 1533), ein Schlüsselwerk der Florentiner Porträtmalerei. Der Entstehung dieses neuen Bildtypus des monumentalen, repräsentativen Damenbildnisses geht die Ausstellung erstmals nach und versammelt um das Bildnis einer Dame in Rot eine Reihe eng verwandter Frauenporträts.
Der Auftakt der zweiten Ausstellungsetage widmet sich dem sogenannten „Paragone“ – dem Rangstreit zwischen den Gattungen Malerei und Skulptur, der in den 1540er-Jahren in der Florentiner Kunstszene diskutiert wurde. Pontormos monumentales Gemälde Venus und Amor (um 1533, Galleria dell’Accademia, Florenz), das ebenfalls erstmals außerhalb von Florenz gezeigt werden kann, führt der Künstler nach dem Entwurf Michelangelos aus. Die skulpturale Anmutung der Körperdarstellung wird hier regelrecht zum künstlerischen Argument in der Paragone-Debatte. Auch die Architektur des Florentiner Manierismus wetteifert mit der Bildhauerei: So nimmt die Treppe in Michelangelos Treppenhaus der Biblioteca Laurenziana (1524–59) skulpturale Formen an. Ein für die Ausstellung angefertigtes monumentales Modell im Maßstab von ca. 1:3 vermittelt einen Eindruck von der spielerischen Eleganz dieses Bauwerks.
Im Jahr 1539 wird Bronzino Hofmaler des neuen Herzogs Cosimo I. de’ Medici; dies wird im zweiten Raum dieses Ausstellungsteils thematisiert. Er porträtiert den Herzog, dessen Gemahlin Eleonora di Toledo und ihre Kinder in einer ganzen Bilderserie. Bronzino prägt in jener Zeit maßgeblich die Gattung des höfischen Kinderbildnisses, wie das Bildnis des Garzia de’ Medici (um 1550, Museo del Prado, Madrid) veranschaulicht. Daneben setzt er mit der Freskenausstattung von Eleonoras Privatkapelle im Palazzo Vecchio sowie mit religiösen Tafelbildern neue Maßstäbe für die Hofkunst in Florenz. 1546 lässt Cosimo I. eine Manufaktur für Tapisserien einrichten und beauftragt Bronzino mit dem Entwurf monumentaler Bildteppiche, die sich in Form von komplexen Allegorien der Herrschaft des Herzogs widmen. Gezeigt werden die erste dieser Tapisserien, die sogenannte Dovizia (1545, Galleria del Costume, Florenz), und mehrere Entwurfszeichnungen.
Abschließend widmet sich die Ausstellung dem vornehmlich als Kunstschriftsteller und Architekten bekannten Giorgio Vasari, den sie als bedeutenden Maler und Zeichner vorstellt. Ab 1555/56 führt Vasari als Hofmaler zahlreiche Freskendekorationen im Palazzo Vecchio aus, die er in Zeichnungen eingehend vorbereitet. In dieser Phase entstehen auch einige seiner eindrucksvollsten Tafelbilder wie die Toilette der Venus (um 1558, Staatsgalerie Stuttgart). Sein schriftstellerisches Hauptwerk ist die zweite Auflage seiner Künstlerviten von 1568, die erste umfassende Geschichte der italienischen Kunst von Giotto bis zu Vasari selbst. Neben den Lebensbeschreibungen verschiedener Florentiner Manieristen beinhalten die Viten auch die früheste theoretische Reflexion über die Kunst der „maniera“. Im Schlusskapitel der Ausstellung wird zudem Pontormos Tagebuch aus der Nationalbibliothek in Florenz präsentiert, das als eines der frühesten erhaltenen Künstlertagebücher einen authentischen Einblick in Werkprozess und Lebensalltag des Florentiner Malers gewährt.
MANIERA – Pontormo, Bronzino und das Florenz der Medici
bis 5. Juni 2016.
ÖFFNUNGSZEITEN: Di, Mi, Sa, So + Feiertage 10.00–18.00 Uhr, Do + Fr 10.00–21.00 Uhr.
EINTRITT: 14 Euro, ermäßigt 12 Euro, Familienkarte 24 Euro; freier Eintritt für Kinder bis zu 12 Jahren; Kombipreis Eintritt + Führung 16 Euro (nur online buchbar); Gruppen ab 10 Personen: ermäßigter Eintrittspreis pro Person. Für Gruppen ist vorab eine Anmeldung unter Telefon +49(0)69-605098-200 oder [email protected] erforderlich.
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