FRANZ WEST – Wo ist mein Achter?

MMK - Franz West - Wo ist mein Achter
Franz West Epiphanie an Stühlen, 2011, 
Photo Michaela Obermair, © Franz West

Die große Überblicksausstellung Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main zeigt bis zum 13. Oktober 2013 erstmals nach dem Tod von Franz West (1947-2012) eine Vielzahl seiner Skulpturen, Collagen und großformatigen Rauminstallationen. Die Präsentation wurde in Zusammenarbeit mit dem mumok Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien realisiert und gibt mit rund 30 mehrteiligen Werken einen Einblick in die komplexe und vielschichtige Kunstpraxis von West.


Der Künstler hatte seit vielen Jahren eine sehr enge Verbindung zu Frankfurt am Main, wo er 1979 in der Galerie „forme“ des Künstlers und Galeristen Wegner seine erste Ausstellung außerhalb Österreichs hatte. Ende der 1980er Jahre folge eine wichtige Ausstellung im Portikus. Von 1992 bis 1994 hatte West eine Professur an der Frankfurter Städelschule inne.

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Eine Anzahl herausragender Werke von Franz West befindet sich in der Sammlung des MMK. Arbeiten aus dieser Zeit, die teilweise auch in Kooperation mit Frankfurter Künstlern entstanden sind, gehören zu den Höhepunkten der Ausstellung. Mit Installationen, wie den „Wegener Räumen“, die sich sowohl auf den Frankfurter Galeristen als auch auf den Geowissenschaftler Alfred Wegener beziehen, setzt die Ausstellung im MMK eigene Akzente.

Franz West, der als der international erfolgreichste Gegenwartskünstler Österreichs gilt, hat die Ausstellung noch vor seinem Tod selbst initiiert und mit viel Enthusiasmus mitentwickelt.

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MMK | Museum für moderne Kunst, Frankfurt, bis 13. Oktober 2013

Franz West – Wo ist mein Achter?

Pressetext: MMK, Frankfurt
Franz West. Wo ist mein Achter

Katalog | Franz West. 
Wo ist mein Achter?

Gebundene Ausgabe / Hardcover
Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln.
160 Seiten / pages
mit 173 farb., / col images
teils ganz- bzw. doppelseit. Abbildungen,
Chronologie, Ppbd.
Deutsch / english,
28,7 x 23,6 x 2 cm

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Mit einem Vorwort von Karola Kraus und Susanne Gaensheimer und Texten von Eva Badura-Triska (mumok), Klaus Görner (MMK Frankfurt am Main), Georg Gröller, Peter Keicher und Andreas Reiter Raabe.

Inhaltlich stehen im Zentrum der umfassenden Präsentation im MMK Wests „Kombi-Werke“, Arbeiten, in denen er mehrere und sehr unterschiedliche Einzelstücke zu einem Kunstwerk vereint. Durch die Kombination und Rekombination unterschiedlicher Werkgruppen, wie die sogenannten Passstücke, Möbel, Skulpturen, Videos oder Papierarbeiten aus allen Schaffensperioden gibt die Ausstellung einen Überblick über die Bandbreite seines umfassenden Œuvres. Ebenfalls in diesen Werken enthalten sind Arbeiten befreundeter Künstlerkollegen, darunter Heimo Zobernig, Herbert Brandl, Martin Kippenberger, Michelangelo Pistoletto oder Andreas Reiter Raabe.

Die Arbeitsweise von Franz West war grundsätzlich partizipativ angelegt. Mit der aktiven Teilhabe des Betrachters als „Nutzer“ seiner Werke veränderte West die Bedeutung der traditionellen Vorstellungen von Künstler und Werk. Erst dadurch, dass die Betrachter Teil des Kunstwerkes werden — indem sie mit ihm hantieren oder es als Sitz- und Liegefläche in Besitz nehmen — waren diese Werke für Franz West vollständig. Die Wahrnehmung eines Werkes wird damit zu einer körperlichen Erfahrung.

„Alles, was wir sehen, könnte auch anders sein“, zitierte Franz West 1988 den von ihm hochgeschätzten Philosophen Ludwig Wittgenstein und sprach damit einen essenziellen Aspekt seiner eigenen künstlerischen Herangehensweise an. Das Prinzip der Kombination und Rekombination entspricht Wests Überzeugung, dass die Bedeutung einer Äußerung oder eines bildsprachlichen Elements nie fix und eindeutig definiert sein kann, sondern sich dem jeweiligen Kontext und dem Gebrauch entsprechend ändert.

In seinen künstlerischen Anfängen wurde West von den Material- und Körperaktionen des Wiener Aktionismus beeinflusst, mit dem er sich Zeitlebens kritisch auseinandergesetzt hat. Seine künstlerische Ausbildung erhielt er als Student von Bruno Gironcoli an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Wests internationale Künstlerkarriere begann schließlich in den späten 1980er bis 1990er Jahren, als er zu einem der einflussreichsten Plastiker der europäischen Kunstszene wurde. Franz West entwickelte ein sehr eigenständiges Werk, das enorm einflussreich und keiner künstlerischen Strömung zuzuordnen war. Dafür wurde er 2011 auf der Biennale von Venedig mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk geehrt, der höchsten Auszeichnung für einen lebenden Künstler.

Der von West gewählte Titel der Ausstellung ist ein weiteres Beispiel seiner Praxis der Kombination und Rekombination: Ausgangspunkt ist eine Gouache aus dem Jahr 2004 mit dem Motiv einer Frau, die nach einer Abmagerungskur ihre viel zu große Hose zeigt. Durch Auslassung des „W“ transformierte der Künstler hier den Titel „Lost Weight“ in „Lost Eight“, um schließlich die titelgebende Frage abzuleiten: Wo ist mein Achter? Die Antwort darauf lässt West offen und eröffnet neuen Spielraum für verschiedene assoziative Anknüpfungspunkte.

Die Ausstellung ist eine Zusammenarbeit mit dem mumok — Museum moderner kunst stiftung ludwig Wien, wo „Franz West. Wo ist mein Achter?“ vom 23. Februar bis 26. Mai 2013 zu sehen war.


VIDEO | Ausstellungsfilm MMK: Franz West. Wo ist mein Achter?


Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog mit einem Vorwort von Karola Kraus und Susanne Gaensheimer. Er enthält einen Text von Eva Badura-Triska über Kombi und Re-Kombi als Form des Sprachspiels bei Franz West, einen Essay von Klaus Görner (Kurator, MMK Frankfurt am Main) mit dem Titel Produktion und Teilhabe, die bisher umfassendste Abhandlung über das Verhältnis von West zu Wittgenstein, verfasst vom Philosophen Peter Keicher, und einen Aufsatz des Psychoanalytikers Georg Gröller.

Der seit den 1990er-Jahren eng mit Franz West befreundete Künstler Andreas Reiter Raabe vereint in seinem Beitrag eigene Gedanken mit Zitaten von und über den Künstler zu einer prinzipiellen Reflexion über dessen Person und Schaffen.


Kombination und Rekombination

Pressetext: mumok, Wien

Mit der Genealogie des Ungreifbaren (1997) steht gleich am Beginn eine Arbeit, die belegt, dass der Künstler auch seinen eigenen Konzepten nie dogmatisch verhaftet blieb. In einer großen vitrinenartigen Box kombiniert er drei frühe Passstücke mit einem seiner ersten Sessel. Werke, die eigentlich zum Gebrauch gedacht waren, wurden so zu „ungreifbaren“ Beispielen seiner frühen Werkentwicklung gemacht. Passstücke sind auch Teil einer „Kombi-Wand“, die neben verschiedenen Arbeiten auf Papier Fotos von Personen zeigt, die mit Passstücken agieren. Erweitert um Möbel, werden solche Wände zu raumgreifenden Werken, wie beispielsweise bei Kasseler Rippchen (1996) oder Träumerei — Dreamy (1997).

Als Ansatzpunkte für Erfahrungen, Erwägungen, Assoziationen und Überlegungen sind Wests Schöpfungen Auslöser eines Spiels mit verschiedenen Möglichkeiten der Welterfahrung und Weltsicht, die eben je nach RezipientIn, Kontext und Ambiente immer wieder anders sein kann.

In unpathetischer, fast leichtfüßiger und humorvoller Weise zeigt die Kunst von Franz West Ungewissheiten auf. Sie basiert dabei auf einer intensiven kritischen Auseinandersetzung mit philosophischen Texten, welche der Künstler früh begonnen und im Lauf seines Lebens zunehmend intensiviert hat.


Plakat, Sammlung Falckenberg, Hamburg |  Foto: Jens Ullheimer
Plakat, Sammlung Falckenberg, Hamburg | Foto: Jens Ullheimer

KATALOG | DER FICKER. 
INNSBRUCK, GALERIE THOMAN – Neue Folge.

232 Seiten
29 farbige Abbildungen auf Tafeln
broschiert
Text: Deutsch / English

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Die Publikation ist eine von Franz West initiierte Wiederaufnahme des berühmten „Brenner“, der von Ludwig von Ficker in Innsbruck herausgegebenen Zeitschrift, zu deren Kreis u.a. Georg Trakl und Ludwig Wittgenstein gehörten. Die Text- und Bildbeiträge der Künstler und Autoren und die Interviews, die der österreichische Dichter Benedikt Ledebur mit ihnen führte, kreisen um sprachtheoretische und philosophiegeschichtliche Themen, reflektieren die Arbeitsmethoden der beteiligten Künstler und arbeiten an einer Ästhetik der Moderne im der Begrifflichkeit der Collage. In der Tradition des „Brenner“, aber auch der Dadaisten und der Wiener Gruppe. Mit Beiträgen von Michael Clegg, Martin Guttmann, Martin Kippenberger, Benedikt Ledebur, Albert Oehlen, Rudolf Polansky, Franz West, Peter Cole, Georg Trakl.


Franz West

Franz West wurde 1947 in Wien geboren, wo er 2012 auch verstarb. Mit 23 Jahren begann er autodidaktisch künstlerisch zu arbeiten. Zwischen 1977 und 1982 war West Student von Bruno Gironcoli an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Wurde sein Schaffen in den ersten zehn Jahren nur im Freundeskreis wahrgenommen, startete in den 1980er-Jahren seine internationale Karriere. Er war mit seinen Arbeiten zwei Mal auf der documenta (1992 und 1997) vertreten und gestaltete 1990 den österreichischen Beitrag für die Biennale in Venedig. 2011 wurde er dort für sein Lebenswerk mit dem Goldenen Löwen, der höchsten Auszeichnung für einen lebenden Künstler, geehrt.


VIDEO | FRANZ WEST Dokumentation | 3sat

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