Anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens zeigen die Deichtorhallen Hamburg vom 1. April bis 12. Juli 2015 eine groß angelegte Ausstellung zum Thema »Picasso in der Kunst der Gegenwart«. Als Eröffnungspräsentation in der aufwendig sanierten und modernisierten Halle für aktuelle Kunst der Deichtorhallen ist die Schau dem überwältigenden Spektrum moderner und zeitgenössischer künstlerischer Sichtweisen auf Picasso gewidmet.
Zeitgleich zum 25-jährigen Jubiläum der Deichtorhallen jährt sich mit dieser Schau die erstmalige Präsentation von Picassos »Guernica« als bedeutendste Antikriegsikone der Moderne in Deutschland mit den damaligen Stationen München, Köln und Hamburg zum sechzigsten Mal.
Rund 200 Leihgaben u.a. aus der Tate Modern, London oder dem Centre Pompidou, Paris von 87 internationalen Künstlerinnen und Künstlern kreisen um Picasso und seinen Folgen für die Kunst, ohne einen einzigen Picasso zu zeigen. Zwischen Verehrung, intellektueller Assimilation und Neuinterpretation machen die Werke von namhaftesten Künstlern wie Georg Baselitz, Brassaï, Sophie Calle, Marlene Dumas, Jasper Johns, Martin Kippenberger, Roy Lichtenstein und Robert Longo die Aktualität von Picassos Werk deutlich.
Gebundene Ausgabe 408 Seiten mit 335 farbigen Abbildungen Sprache: Deutsch / English 25 x 4,5 x 31 cm
Autoren und Themen sind u.a.
Michael Fitzgerald (Professur für Kunstgeschichte am Trinity College, Hartford, Connecticut): »Der globale Picasso«,
Uwe Fleckner (Professur für Kunstgeschichte an der Universität Hamburg): »Die Rezeption von Guernica und die Protestkunst bis heute«,
Hanne Loreck (Professur für Kunst- und Kulturwissenschaften / Gender Studies an der Hochschule für Bildende Künste, Hamburg): »Picasso aus der Gender-Perspektive«
sowie einer ausführlichen Einführung des Kurators Dirk Luckow (Intendant der Deichtorhallen Hamburg): »Picasso und die Folgen, warum übt Picasso bis heute einen so großen Einfluss auf Künstler aus?«.
Das voluminöse Buch erscheint anlässlich der gleichnamigen Ausstellung zur Wiedereröffnung der renovierten Nordhalle, mit der das 25jährige Ausstellungsjubiläum der Deichtorhallen Hamburg seinen Höhepunkt findet.
VIDEO | Katalogansicht: PICASSO IN DER KUNST DER GEGENWART
WARUM PICASSO?
In der Geschichte der Kunst gibt es keinen Künstler, dessen unerhörter, immer wieder beschworene Formund Ausdruckskraft jemals soviel Aufmerksamkeit gewidmet wurde wie der Picassos — kein Künstler des 20. Jahrhunderts genießt in der öffentlichen Wahrnehmung so große Beachtung wie Picasso — kein anderer moderner Künstler lockt weltweit Millionen von Besuchern in Ausstellungen. Picasso verkörpert die Kunst des 20. Jahrhundert. Dieses von den Deichtorhallen Hamburg über zwei Jahre wissenschaftlich erarbeitete Projekt (Kurator: Dirk Luckow) nimmt eine Untersuchung der Auswirkungen und Folgen von Picasso auf die Gegenwartskunst vor, die bis heute weit unterschätzt werden. Die daraus resultierende Ausstellung wird dabei kein einziges Original von Pablo Picasso enthalten — zugleich ist Picasso als Inspirationsquelle in allen Werken präsent.
Wie sich in den teils euphorischen Reaktionen der eingeladenen Künstlerinnen und Künstler zeigt, trifft die Ausstellung einen Nerv, der deutlich die Aktualität und Notwendigkeit einer Aufarbeitung der künstlerischen Picasso-Rezeption zeigt.
EIGENE BESTÄNDE ALS AUSGANGSPUNKT DER AUSSTELLUNG
Die Deichtorhallen Hamburg, die seit nahezu 25 Jahren mit interessanten Wechselausstellungen zu einem populären Ausstellungsort in Deutschland avanciert sind, verfügen seit einiger Zeit über zwei bedeutende Sammlungskomplexe; die fotografische Sammlung F. C. Gundlach, die im Haus der Photographie beherbergt ist sowie die Sammlung Falckenberg, die mit ihren eigenen Ausstellungsräumen in den Phönix-Hallen in Harburg den Deichtorhallen zu einem dritten Standort verholfen hat.
Aus beiden Sammlungen werden in der Ausstellung maßgebliche Picasso-bezogene Werke gezeigt, fotografische Arbeiten u.a. von Erwin Blumenfeld, Jacques-Henri Lartigue, Gijon Mili, Madame d’Ora, Irving Penn, AndréVillers, Joel Peter Witkin. Aus der Sammlung Falckenberg wird ein großer Werkkomplex des Künstlerduos Clegg + Guttman sowie ein wichtiges Werk von Peter Saul vertreten sein.
Da die Deichtorhallen Hamburg keine Möglichkeit haben, ihre Sammlungsobjekte im Rahmen einer Dauerpräsentation permanent der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist diese kunsthistorisch umfassende Ausstellung eine äußerst willkommene Gelegenheit, den Facettenreichtum der beiden Sammlungen zu dokumentieren.
PICASSOS WIRKUNG UND BEDEUTUNG FÜR NACHFOLGENDE KÜNSTLERGENERATIONEN
Das Spiel mit dem Vorbild, mit den großen Vorläufern der eigenen Gattung hat Picasso selbst bis zuletzt umgetrieben; diese Art originär künstlerischen Diskurses schreibt die Ausstellung bis heute fort. Alle großen Stoffe und Schaffensphasen Picassos treten in der Ausstellung wieder auf: die Blaue Periode und die damit verbundenen Themen wie Einsamkeit und soziales Elend, aber auch belebtere Motive aus der Rosa Periode wie Zirkuswelt, Harlekin oder Seiltänzer.
Darüberhinaus regte »Les Desmoiselles d’Avignon« als erstes kubistisches Bild und Picassos Werke der zwanziger und dreißiger Jahre, in denen Picasso die strengen kubistischen Elemente mit weiten, sanften und runden Kurven kombinierte, Künstler seit der Generation der Abstrakten Expressionisten zu Reaktionen an. Andererseits mündeten Picassos aggressive Deformationen ebenfalls aus den 1930er Jahren, die im anklagenden Antikriegsbild »Guernica« gipfelten, in einer spektakulären Folge politischer Bildsetzungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis heute. Die große Faszination, die Picassos Werk auf viele der namhaftesten Gegenwartskünstler weltweit — zwischen Aneignung und Abgrenzung bzw. Neuinterpretation, Herausforderung und Ansporn — seit Jahrzehnten ausübt, wird genauso beleuchtet wie die Veränderungen kultureller und gesellschaftlicher Vorzeichen in der Rezeption des Picasso’schen OEuvres.
Dabei haben alle für die Ausstellung ausgewählten Künstlerinnen und Künstler Eines gemein, nämlich ihren Willen, sich mit Picasso und seinem Werk zu messen, mit seiner listigen Intelligenz, dem Kämpferischen, seinem Genius. Künstler wie Martin Kippenberger oder David Hockney, Hanne Darboven, John Stezaker oder Cindy Sherman verfolgen grundlegend unterschiedliche künstlerische Ansätze und reagieren doch alle gleich intensiv auf Picassos epochales Werk und seine Übermacht in der Kunstwelt. Viele der ausgewählten Arbeiten sind das Gegenteil eines pietätvollen Umgangs mit Leben und Werk des brillanten Jahrhundertkünstlers.
Die Ausstellung »Picasso in der zeitgenössischen Kunst« bringt somit Licht in den Wandel der künstlerischen Rezeption von Picassos Werken, die 1914 mit dem Gemälde Hommage à Picasso von Paul Klee einsetzt.
Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt allerdings auf den letzten 50 Jahren künstlerischen Schaffens einsetzend mit Werken von Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Claes Oldenburg, Asger Jorn und Jasper Johns. Die große Sinnlichkeit und schier unerschöpfliche Imaginationskraft, die Spannbreite von Picassos Werk zwischen Abstraktion und Figur, künstlerischer Kreativität und politischer Anklage fordern diese Künstler — teilweise noch im Wettbewerb mit dem Jahrhundertgenie zu Lebzeiten — zu besonders spannungsreichen Dialogen mit dem Phänomen Picasso heraus.
Andererseits enthält die Ausstellung zahlreiche neue, eigens für diese Ausstellung produzierte Arbeiten beispielsweise von Thomas Houseago, der Künstlergruppe Gelitin, Robert Longo oder John Stezaker sowie noch nie gezeigte Entdeckungen wie z.B. die Frühwerke von Jonathan Meese, die sich explizit auf Picasso beziehen.
VIDEO | AusstellungsTeaser
Guernica Interpretationen
Besonders aktuell und imposant aber erscheinen allein sechs monumentale Guernica Interpretationen, die den Kern der Ausstellung bilden: von dem bereits erwähnten Dia Al-Azzawi, der das Massaker an Palästinensern in Flüchlingslagern im Libanon 1982 verarbeitet über Leon Golup, der auf die Greuel des Vietnamkrieges Bezug nimmt (beides Leihgaben aus der Tate Modern), bis zum faszinierenden Picasso-Post Avantgarde Gemälde »Guernica in the Style of Jackson Pollock« von Art & Language zur Ironisierung des Greenberg’schen Formalismus. Goshka Macuga bezieht sich in ihrer raumgreifenden Installation auf die lebensgroße »Guernica«-Tapesserie, die Nelson Rockefeller 1955 in Auftrag gab, die seit 1985 an das UN-Hauptquartier installiert ist und 2003 während der schicksalhaften Rede Colin Powell’s für den Irakkrieg verhängt wurde. Gezeigt wird außerdem die minimalistische Arbeit »My Guernica« von Gary Hume sowie Thomas Zipps außergewöhnlichem Werk, das — als Guernica-Version der Pferde und Minotauren beraubt — gesellschaftliche Gleichgültigkeit repräsentiert. Darüberhinaus reagiert Robert Longo auf die Einladung zur Ausstellung eigens mit einer 1 : 1 Guernica-Hommage.
Deichtorhallen
PICASSO in der Kunst der Gegenwart
bis 12. Juli 2015
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag: 11 -18 Uhr
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