Anlässlich des 500. Todesjahres von Hieronymus Bosch beleuchtet das Bucerius Kunst Forum, wie seine phantastischen Szenerien der Hölle und drastischen Schilderungen des Sündhaften die niederländische Kunst des 16. Jahrhunderts prägten.
Gezeigt werden etwa 80 Kupferstiche und Radierungen von Künstlern der folgenden Generation, die Boschs Bildsprache aufgriffen, über die Druckgraphik verbreiteten und weiterentwickelten. Diese werden ergänzt durch rund zehn Gemälde und geschnitzte Architekturelemente, die zum Teil erstmals öffentlich zu sehen sind.
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Bucerius Kunst Forum, Hamburg | bis 11. September 2016
Verkehrte Welt. Das Jahrhundert von Hieronymus BOSCH
Gebundene Ausgabe, Schutzumschlag ca. 240 Seiten ca. 240 Abbildungen in Farbe Verlag: Hirmer Sprache: Deutsch 22,5 x 28 cm
Das Katalogbuch dokumentiert die geistesgeschichtliche Entwicklung vom Ende des Mittelalters bis ins 17. Jahrhundert. In Kooperation mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Der vorliegende Band zeigt die enorme Reichweite seiner Bildfindungen und Themen, die sich besonders facettenreich in der Druckgraphik entfaltete.
Das Jahrhundert von Hieronymus Bosch
Die modernsten und wirkungsmächtigsten Aspekte im Werk von Hieronymus Bosch (1450-1516) waren Darstellungen der Hölle und die Einbeziehung volksnaher Themen in die Kunst.
Die Ausstellung im Bucerius Kunst Forum beschäftigt sich mit der Rezeptionsgeschichte seines Œuvres. Dass Bosch eher als Exzentriker, gar pathologischer Fall oder Vorläufer des Surrealismus galt, lässt leicht übersehen, wie berühmt und einflussreich er bereits zu Lebzeiten und im Jahrhundert nach seinem Tod war.
Diesem Aspekt widmet sich Verkehrte Welt.
Die Bildschöpfungen und Sujets von Hieronymus Bosch wurden von Künstlern der folgenden Generation rezipiert und erreichten vor allem über das im 16. Jahrhundert aufblühende Medium der Druckgraphik eine enorme Reichweite.
Bis heute faszinieren die nach Entwürfen von Hieronymus Bosch oder Pieter Bruegel d. Ä., seinem wichtigsten Nachfolger, geschaffenen Kupferstiche. Sie zeigen die irrwitzigen Monster der Unterwelt, mahnen vor Sünden und Lastern, illustrieren Sprichwörter und ironisieren menschliche Dummheiten.
Als um 1600 die Angst vor Verdammnis und Hölle nachlässt, richten sich die moralisierenden Szenen auf das Diesseits, und die erschreckenden Mischwesen wandeln sich zu unterhaltsamen Grotesken.
VIDEO | Trailer zur Ausstellung
In den folgenden Ausschnitten der Raumtexte beleuchtet die von Dr. Michael Philipp konzipierte Ausstellung im Bucerius Kunst Forum, wie Boschs Nachfolger seine Bilderwelt über die Druckgraphik verbreiteten und vor dem ideengeschichtlichen Hintergrund des 16. Jahrhunderts weiterentwickelten.
Wirkungen – Nachahmer und Nachfolger
Die maßgeblich von Hieronymus Bosch in die niederländische Kunst eingeführten ironischen Darstellungen menschlicher Torheit und Schwächen übernahmen seine Nachfolger ebenso wie die phantastischen Höllenfiguren. Diese wandelten sie zu unterhaltsamen Skurrilitäten, mit denen sie die Schaulust bedienten. In der Tafelmalerei längst ein Verkaufsargument, wurde ab etwa 1550 auch in der Druckgraphik Bosch zur Marke. Zahlreiche Kupferstiche erschienen mit seinem Namen, obwohl sie erst Jahrzehnte nach seinem Tod entstanden. Das neue Medium der Druckgraphik, eine eigenständige und eigenwertige Kunstgattung, ermöglichte eine weite Verbreitung der Werke. Ihre Käuferschicht war das gebildete Bürgertum, das sich seiner Identität über diese Werke versicherte.
Abgründe – Monster der Unterwelt
Die Erzählung von Christi Höllenfahrt schildert nicht nur die Befreiung der Patriarchen des Alten Testaments aus der Unterwelt, sondern sie zeigt Christus auch in direkter Auseinandersetzung mit Dämonen und Teufeln und so als ihren Überwinder. Das Thema, in der christlichen Kunst seit dem 9. Jahrhundert verbreitet, musste die Maler der Bosch-Nachfolge ansprechen, ergab sich doch hier unmittelbar aus der Überlieferung ein Anlass, die teuflischen Kreaturen der Hölle ins Bild zu bringen.
Christus im Limbus wurde so zu einem bevorzugten Sujet der Diablerien, der in den Niederlanden im 16. Jahrhundert beliebten Höllendarstellungen. Die religiöse Bedeutung des Themas trat dabei mehr und mehr in den Hintergrund.
Entscheidungen – Tugenden und Laster
Die Verselbstständigung der Monster und Mischwesen aus der Bildwelt von Hieronymus Bosch im 16. Jahrhundert zeigt sich am nachdrücklichsten in der Folge von Kupferstichen der Sieben Todsünden nach Pieter Bruegel d. Ä., mit der er sich als Bosch-Nachfolger einführte. Mit der wenig später entstandenen Folge der Sieben Tugenden sind sie die anspruchsvollste Verbildlichung der traditionellen Moralbegriffe im Medium der Druckgraphik. Todsünden und Tugenden erscheinen als Handlungsanweisung für die Lebensführung und stehen damit weit mehr im Zusammenhang der Sozialdisziplinierung und Herausbildung eines Verhaltenskanons des 16. Jahrhunderts als in der Tradition der Androhung von Höllenstrafen, wie sie zur Zeit Boschs üblich war.
Pieter van der Heyden (1530–1572) nach Pieter Bruegel d. Ä. (1525–1569):
Ira – Der Zorn, aus der Serie Die sieben Todsünden, 1558,
Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
[Public domain], via Wikimedia Commons
Monstergut
Die Hieronymus-Bosch-Schau im Bucerius Kunst Forum bietet höllisches Amüsement.
„Statt mit klotzigen Superlativen feiert diese Ausstellung die „verkehrte Welt“ des mittelalterlichen Malerfürsten mit einer Fülle von sorgsam belegten und untereinander in Beziehung gesetzten Artefakten. Wie ein drogensüchtiger Psychopath, als der Hieronymus Bosch im Laufe der Rezeptionsgeschichte mal abschätzig, mal bewundernd hingestellt wurde, wird er hier erfreulicherweise nicht behandelt. „
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