Cosima von Bonin (*1962) Moritz von Oswald (*1962) THE BONIN / OSWALD EMPIRE'S NOTHING #04 (CVB'S PURPLE KIKOY SLOTH RABBIT ON PINK TABLE & MVO'S KIKOY SONG), 2010, Mixed media
Das Museum Ludwig hat der Künstlerin Cosima von Bonin (*1962) eine Ausstellung gewidmet, die sich wie ein Work in Progress in vier europäischen Städten entwickelte. Die Ausstellung begann in Rotterdam, wanderte dann nach Bristol und war zuletzt in Genf zu sehen. Für jede Station erarbeitete die Künstlerin zusammen mit der jeweiligen Institution eine ganz eigene Ausstellungssituation.
Laßt uns faul in allen Sachen,
Nur nicht faul zu Lieb‘ und Wein,
Nur nicht faul zur Faulheit sein.
( Lessing )
Die Konzeptkünstlerin Cosima von Bonin (*1962) ist bekannt für ihr vielfältiges Œuvre, das sich von Installationen und Film über Malerei und Skulptur bis zur Fotografie erstreckt. Der Katalog bietet einen Überblick über die vierteilige und bislang größte Ausstellung von Cosima von Bonin, die von Rotterdam über Bristol nach Genf und zuletzt in die Heimatstadt der Künstlerin, Köln, führt. Sie unterscheidet sich von einer herkömmlichen Wanderausstellung, da sie sich von Ort zu Ort verändert hat.
Überdimensionale Kuscheltiere, genähte Bilder und minimalistische Skulpturen füllen die Ausstellungsräume. Mit ihren Installationen changiert die Künstlerin zwischen Ernsthaftigkeit und Witz und hinterfragt die Grenzen zwischen Kunst und Alltag. Begleitend zu ihren Arbeiten thematisiert sie Autorenfunktionen. Künstler aus den Disziplinen Literatur, Musik und Film realisieren zu den Arbeiten von Cosima von Bonin eigene Werke.
Cosima von Bonin ist eine mit der Produktion von Übermaßen beschäftigte Künstlerin. Sie studierte Freie Kunst, Szenografie und Medienkunst bei Günter Förg und Johannes Schütz. Sie lebt und arbeitet in Köln. Sie ist prominente Vertreterin der Konzeptkunst und arbeitet u.a. mit Textilien, Filmen, Installationen und sozialen Beziehungen.
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Loop # 01: Witte de With, Rotterdam (10. Oktober 2010 - 9. Januar 2011) Loop # 02: Arnolfini, Bristol (19. Februar - 25. April 2011) Loop # 03: Mamco, Genf (1. Juni - 18. September 2011) Loop # 04: Museum Ludwig, Köln (05.11.2011 bis 13.05.2012)
COSIMA VON BONIN’S CUT! CUT! CUT!
FOR MUSEUM LUDWIG’S SLOTH SECTION.
LOOP # 04 OF THE LAZY SUSAN SERIES
Pressetext: Museum Ludwig, Köln | www.museum-ludwig.de Kuratorin: Katia Baudin
KATALOG | Cosima von Bonin.
The Lazy Susan SeriesHardcover
182 Seiten,
mit 110 farbigen Abbildungen und CDDieser Katalog enthält eine CD „MORITZ VON OSWALD COSIMO’S SONGS / VOLUME 2″
Mit zahlreichen Abbildungen und kuratorischen Essays zur 4-teiligen Ausstellungsreihe sowie die gesamten Episoden der Erzählung STARLITE von Mark von Schlegell, einen Beitrag Friedrich Wolfram Heubachs sowie ein mehrteiliges Interview zwischen Daffy Duck und Cosima von Bonin von Dirk von Lowtzow.
In der Heimatstadt Cosima von Bonins fand die Schau ihren Höhepunkt und einen dynamischen Abschluss. Köln bildet damit die letzte „Schlaufe“ des kreisenden Ausstellungsprinzips, das sich bereits im Titel „The Lazy Susan Series“ andeutet.
VIDEO | Reportage der Deutschen Welle
LAZY SUSAN bezeichnet im Englischen einen rotierenden Tischaufsatz, der drehend Speisen anbietet. Nicht zufällig trägt das Haushaltsgerät einen weiblichen Namen und ebenso wenig zufällig spiegelt sich im Begriff der Laziness (Faulheit) ein wesentliches Motiv der Werke Cosima von Bonins.
„Die Metapher der faulen Susanne lässt sich in viele Richtungen deuten: Etwa als Kritik am Kunstbetrieb, der mit rotierendem Glitzerwerk den nicht immer qualitätssicheren Geschmack der Sammler bedient, oder diagnostisch als Befindlichkeitsstudie der nach Ruhe und Stillstand durstenden Workaholics. Die Künstlerin selbst hüllt sich in Schweigen, standhaft verweigert sie alle Interviews oder Selbstinterpretationen.“ [ Alexandra Wach für FR online ]
Interessant in diesem Zusammenhang:
Die zentrale neue Arbeit der vier Loops der Lazy Susan Series, AMATEUR DRAMATICS (2010) wurde von den beteiligten Institutionen koproduziert und nimmt eben jene Form der Lazy Susan auf: eine große kreisende Scheibe, die wie eine Mischung aus Karussell und Präsentationsplattform anmutet. Auf dieser Scheibe platziert die Künstlerin verschiedene bereits bestehende Arbeiten.
Im Mittelpunkt befindet sich stets der PURPLE SLOTH RABBIT (2010) – ein großer Hase, der liegend die Sicht frei gibt auf die mit dem Wort SLOTH (Faultier) bestickten Fußunterseiten. Ironisch und provokant macht Cosima von Bonin die Faulheit – zugleich Schimpfwort und Traum eines Zeitalters, in dem jede Minute zählt – zum Leitmotiv des Ausstellungszyklus‘, der hier mehr mit Produktionswut und Hyperaktivität als mit Untätigkeit und Trägheit zu tun hat.
VIDEO | Blick in die Ausstellung
Über fünf Räume und verschiedene mediale Orte hinweg entwickelt sich die Ausstellung bis in den Außenraum hinein, wo mit der Arbeit TAGEDIEB (2010) ein langnasiger – und somit offensichtlich lügender – Pinocchio auf einem Schiedsrichterstuhl in luftiger Höhe sitzt. Insgesamt waren über 70 Arbeiten, darunter zahlreiche Neuproduktionen und einige bisher selten gezeigte Werke aus Kölner Privatsammlungen in der Schau zu sehen.
Cosima von Bonin vermeidet es, sich auf ein Medium oder einen Stil festzulegen. Typisch für ihr Werk jedoch sind weiche und textile Materialien, die nicht nur Assoziationen zu stereotyp weiblichen Tätigkeiten nahelegen, sondern auch die scheinbare Trägheit ihrer figürlichen Arbeiten unterstützen. Zahlreiche Referenzen und Anklänge – von Kippenberger bis Disney – werden von der Künstlerin sowohl für ihre Werke als auch für deren Titel aufgegriffen und zusammengemischt, wobei diese kreative Vorgehensweise an das Sampeln von Musik und damit an das Vorgehen eines DJs erinnert.
Zusammenarbeiten, Aneignen und Delegieren spielen zentrale und vitale Rollen für die Künstlerin. Sie verwandelt sich in eine Produzentin oder den „Master of Ceremonies“, indem sie Kollegen und Freunde aus den unterschiedlichsten Bereichen – Musik, Theater, Literatur, Film und Kunst – in ihre Ausstellung einbindet.
Diese Teilnahme umfasst Veranstaltungen ebenso wie die Werke der Ausstellung selbst. So hat Bonin beispielsweise den Musiker Moritz von Oswald beauftragt, neue Kompositionen im Dialog zu einzelnen Arbeiten zu realisieren.
In Flausch – Gewittern
Dirk von Lowtzow für Parkett 81 ( 2008 )
Nichts sagen, aber zeigen zu wollen
Bei Cosima von Bonin gibt es nichts zu verstehen und schon gar nichts zu lernen. Die viel beschworene (und oft kritisierte) Hermetik ihrer Arbeiten wäre demnach nur ein Problem, wenn es überhaupt eine Lösung gäbe. Es gibt aber keine Lösung, denn es gibt auch keine Aufgabe und eine solche anzubieten, wäre innerhalb der Boninschen Setzung (oder besser: Legung) wiederum eine «Belästigung».
Ihre Kunst ist nicht nur gegen die Interpretation gerichtet, sie befindet sich schon jenseits der Interpretation. Sie befindet sich auch jenseits der Aneignung: Sie ist vielmehr eine Einverleibung mit Stumpf und Stil, und als solche die selbstverständlichste aller Gesten. Da nimmt es nicht wunder, dass Cosima von Bonin stets statt eines Stückchen Kuchens die ganze Bäckerei liefert, mehr noch, sie liefert die ganze Bäckerei mitsamt des um sie herum wimmelnden Kontexte.
The Fatigue Empire
Cosima von Bonin arbeitet mit Skulpturen, Installationen, Filmen, Gemälden und sozialen Beziehungen. Wiederkehrendes Motiv ist die textile und dimensionale Verwandlung von Objekten, die diese aus ihrem alltäglichen Zusammenhang herauslöst und vollkommen neue Wahrnehmungsprozesse und Bezüge freisetzt.
KATALOG | Cosima von Bonin.
The Fatigue Empire.Essays von Yilmaz Dziewior, Mark von Schlegell und John Welchman
Gebundene Ausgabe, Hardcover
Deutsch/englisch
Ca. 320 Seiten,
18 x 23 cmenthält Audio CD „Moritz v. Oswald s Empire of Sound for CVB s Fatigue Empire:Cosimo s Songs“
Die Publikation zu Cosima von Bonin präsentiert nicht nur die in der Ausstellung gezeigten neuen und bekannten Werkfolgen, sie erfaßt zudem so vollständig wie bis heute möglich die bisherigen Arbeiten Cosima von Bonins mit Werkangaben und Abbildungen. Neben einem Überblickstext von Yilmaz Dziewior setzt John Welchman ihr Schaffen in einen kunsthistorischen Kontext, Mark von Schlegell hat einen fiktionalen Begleittext geschrieben, der Aspekte des Werks assoziativ aufgreift. Ein sorgfältig recherchierter Anhang vervollständigt diese grundlegende Publikation zu Cosima von Bonin.
VIDEO | „The Fatigue Empire“ von Cosima von Bonin | Kunsthaus Bregenz
Martin Schacht für arte Journal
Der Untergang des Hasenlandes
[ anlässlich COSIMA VON BONIN im Kunsthaus Bregenz 2010 ]
Jörg Scheller für artnet | 24. Juli 2010 | Artikel lesen
Cosima von Bonin: THE FATIGUE EMPIRE
Ironiker wie von Bonin sind lakonische Aristokraten ohne Grund und Boden. Sie errichten Luftschlösser, in denen Hofschranzen in silbernen Krebskostümen zu Pluckersounds einen emanzipatorischen Endzeitmambo tanzen.
Der „Untergang des Abendlandes“, den Oswald Spengler noch in epischen Bildern mit einem goldenen Herbstabend verglich, ist in Wahrheit eine laue Clubnacht mit tierischen Tanzpartnern und angeschickerten Pappkameraden, erfüllt von Abgesängen auf Herrenmenschenträume. Sigmund Freud erkannte im Witz einen Verwandten des Traumes: Beide seien Instrumente einer versteckten Wunscherfüllung.
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