PAUL THEK – Artists Artist

Falckenberg Thek 700 700x472 - PAUL THEK - Artists Artist

Mit der Ausstellung „Paul Thek – Werkschau im Kontext zeitgenössischer Kunst“ wurden Ende Mai 2008 die umgebauten und erheblich erweiterten Räumlichkeiten der Sammlung Falckenberg in Hamburg-Harburg neu eröffnet. Damit entstand die größte private Kunsthalle Norddeutschlands.


Der amerikanische Künstler Paul Thek (1933-1988) genießt unter den zeitgenössischen Künstlern Kultstatus — durch sein spannungsreiches Œuvre, in dem er Themen und Symbole aus Religion, Kunst, Theater und Literatur aufgreift, nimmt sein Werk bis heute bedeutenden Einfluss auf die Gegenwartskunst.

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Zeichnung, Malerei, Skulptur, Installation und raumgreifende Environments gehören gleichermaßen zu Theks Ausdrucksmitteln. Seine Kunstwerke zeigen sich mystisch, religiös und kritisch sozialen Ungerechtigkeiten wie auch der Kunstwelt gegenüber, wobei er mitunter widersprüchlich zwischen nomadieserendem Hippietum und verklärendem Charismatiker pendelt, aber auch nicht selten eine Portion Melancholie und Humor in seine Werke mit hinein spielt.

Bekannt wurde Paul Thek mit der Serie Technological Reliquaries (Technologische Reliquienschreine) — Plexiglaskästen mit realistisch anmutenden Fleischstücken aus Wachs, die er zum ersten Mal 1964 in New York ausstellte. Mit Hilfe der Kontraste von Material und Inhalt bewegt sich Thek mit diesen Objekten – wie auch mit der legendären Installation Tomb (1967) – gleichzeitig zwischen dem scheinbar Realem und dem offensichtlich Artifiziellem.

„In New York beginnt Thek an einem Abguß seines ganzen Körpers sowie an einer Serie abgegossener Körperteile in Plexiglaskasten zu arbeiten, wobei ihm der Künstler Neil Jenney assistiert. Es entsteht sein erstes Environment, The Tomb (Das Grab), das aus einem hölzernen, rosa gestrichenen Zikkurat und seinem Körperabguß besteht.

VIDEO | Elisabeth Sussman, Sondra Gilman Curator of Photography at the Whitney Museum of American Art, discuses a slideshow of the artist Peter Hujar photographs (1967) documenting the production of Paul Thek’s Tomb

Auch The Tomb kann als Parodie auf die Miminal Art gesehen werden. The Tomb beginnt seine Ausstellungsreise 1967 in der Stable Gallery und im Whitney Museum of American Art in New York, wo es in The Tomb — Death of a Hippie (Das Grab — Tod eines Hippies) umbenannt-wird, was Thek ein Dorn im Auge ist. `Das Grab hatte nie etwas mit Hippies zu tun… Die Presse hat das angezettelt‘, schreibt er auf einer Postkarte an den Kunstkritiker Robert Pincus-Witten.

Der schreibt im November 1967 in Artforum: Einerseits findet er [Thek] obsessive und feine Ausflüchte, was die theatralische Konfrontation mit scheinbar nicht vorauszusehenden Situationen und Objekten betrifft, und andererseits versucht er, eine unveränderliche und gelassene Welt zu schaffen, die selbst eine Metapher für Ich-Verlust (Schizophrenie) und Tod (katatonische Paralyse) ist.‘ The Tomb wird erneut 1968 in der Ausstellung The Obsessive Image 1960-1968 im Institute of Contemporary Art in London gezeigt.“

Dem Katalog „Paul Thek – The wonderful world that almost was“ entnommen, der anlässlich der Retrospektive des amerikanischen Künstlers erschienen ist [Witte de With, center for contemporary art, Rotterdam (03.06.95-08.10.95).


Die Auswahl der zeitgenössischen, jüngeren Künstler ergibt sich aus ihrer Verwandtschaft zu den genannten Aspekten in Theks heterogenem Schaffen. Ausgehend und beeinflusst von den Ansätzen dieses „Künstler-Künstlers“ zeigen sich ihre Arbeiten ohne Anspruch auf Vollständigkeit als selbstständige Positionen im gegenwärtigen Kunstbetrieb, dessen Praktiken heute deutlich andere sind als zu Theks Zeiten. Vor diesem Hintergrund unternimmt die Ausstellung den Versuch, das Werk Paul Theks aus einer neueren, aktualisierten Perspektive in den Blick zu nehmen.

Mit über 350 Kunstwerken ist die Ausstellung die bisher umfassendste Werkschau von Paul Thek. Ein Großteil der mitunter äußerst fragilen Kunstwerke von Paul Thek, aber auch der hier ausgestellten Gegenwartskünstlern, befindet sich in Privatbesitz und wurde daher der Öffentlichkeit bisher nur selten gezeigt.


Der Katalog

Paul Thek. Artist’s Artist

wurde von der »New York Times« unter die 20 besten Kunst- und Architekturbücher 2009 gewählt.

The American artist Paul Thek is not a marquee name, at least not in his homeland. A hippie-era visionary who died of AIDS in 1988, he has long been influential in Europe, where he lived for years. And it is thanks to a recent retrospective in Germany that we have the visually intoxicating book titled “Paul Thek: Artist’s Artist,” edited by Harald Falckenberg and Peter Weibel.

Most of Mr. Thek’s installations, part ritual, part fairy tale, were made of throwaway materials and are now long gone. Yet they reappear, like pure magic, in hundreds of photographs, along with reproductions of paintings, drawings, letters and diaries. Anti-establishment (including the art establishment) and anti-market, pro-spirit and pro-poetry, he embodied a side of 1960s and ’70s art that we still don’t know. With luck, the Thek survey scheduled for the Whitney Museum of American Art in 2010 will help reveal it. ( NY Times )

 

Paul Thek–Artists Artist catalogue - PAUL THEK - Artists Artist

Paul Thek | Artist’s Artist
Edited by Harald Falckenberg und Peter Weibel

Gebundene Ausgabe
639 Seiten
ca. 300 color illus.
ca. 200 s&w illus.
Text: English
21,6 x 5,1 x 27,9 cm

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Thek´s Behandlung des Körpers in Arbeiten wie „Technologische Reliquienkästchen,“ mit ihren castings und Repliken von menschlichen Körperteilen, Gewebe und Knochen, rufen die Aura von christlichen Reliquien herbei und sehen die Arbeit von Damien Hirst voraus.

Mit mehr als 500 Abbildungen (300 in Farbe) und neunzehn Essays von: Jean-Christophe Ammann, Margrit Brehm, Bazon Brock, Suzanne Delehanty, Harald Falckenberg, Marietta Franke, Stefan Germer, Kim Gordon, Roland Groenenboom, Axel Heil, Gregor Jansen, Mike Kelley, John Miller, Susanne Neubauer, Kenny Schachter, Harald Szeemann, Annette Tietenberg, Peter Weibel, Ann Wilson.

Zwanzig Jahre nach dem Tod von Thek durch AIDS können wir jetzt seinen Einfluss auf zeitgenössische Künstler wie Vito Acconci und Bruce Nauman Matthew Barney, Mike Kelley, und Paul McCarthy, sowie Kai Althoff, Jonathan Meese, und Thomas Hirschhorn erkennen. Dieses Buch bringt mehr als 300 Arbeiten von Thek zusammen – von denen viele hier zum ersten Mal veröffentlicht werden – und bietet damit die bislang umfassendste Zusammenstellung seiner Arbeit. Das Buch, das die Ausstellungen im ZKM | Museum der Zeitgenössischen Kunst, Karlsruhe und in der Sammlung Falckenberg, Hamburg-Harburg begleitet, präsentiert die Arbeit von Thek im Dialog mit zeitgenössischer Kunst junger Künstler und schließt Malerei, Skulptur, Zeichnung, und Installationsarbeit, sowie Fotografien ein.

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Susan Sontag widmete Paul Thek ihren Klassiker „Gegen die Interpretation / Against Interpretation“. In diesem Manifest greift sie den zeitgenössischen akademischen und kritischen Umgang mit Kunst und namentlich Literatur scharf an. Dieser bestehe darin, die Form und sinnliche Gegenwärtigkeit eines Kunstwerkes als lästiges Beiwerk beiseitezuräumen, um sich seinem vermeintlich ›eigentlichen‹ Kern, dem Inhalt, zuwenden zu können.

Susan Sontag Kunst und AntikunstSusan Sontag – Kunst und Antikunst
24 literarische Analysen

Taschenbuch
384 Seiten
Sprache: Deutsch

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Der deutsche Titel dieser Essay-Sammlung aus den 1960er Jahren, die im amerikanischen Original „Against Interpretation“ heißt. Übersetzt aus dem Amerikanischen von Mark W. Rien.

Den weltweiten Ruhm und Einfluß von Susan Sontag machen die stimulierenden Ideen aus, die sie in die Diskussion neuer kultureller Phänome eingebracht hat: ihre intelligenten Analysen von Happening, Sciencefiction, Undergroundfilm, Pornographie und Camp – die Personen und Werke von Camus, Ionesco, Beckett, Godard, Sartre u.a. betreffen – sind ein wesentlicher Beitrag in der Entwicklung der Moderne.

„Die Interpretation ist eine radikale Taktik der Konservierung eines alten Textes, der für zu kostbar gehalten wird, als daß er einfach abgelehnt werden könnte und der deshalb neu aufpoliert wird.“

„In einer Kultur, deren bereits klassisches Dilemma die Hypertrophie des Intellekts auf Kosten der Energie und der sensuellen Begabung ist, ist Interpretation die Rache des Intellekts an der Kunst.“

„Mehr noch. Sie ist die Rache des Intellekts an der Welt. Interpretieren heißt die Welt arm und leer machen – um eine Schattenwelt der ?Bedeutungen? zu errichten.“

„Wirkliche Kunst hat die Eigenschaft, uns nervös zu machen. Indem man das Kunstwerk auf seinen Inhalt reduziert und diesen dann interpretiert, zähmt man es.“

„…interpretation is the revenge of the intellect upon art (and the world).“  „Scared by true art, interpretation is our means of taming the work of art.“

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PAUL THEK – Tales the Tortoise Taught Us

The Future of the Past, Vol. 1. Katalog
| von Margrit Brehm, Axel Heil & Roberto Ohrt.
| 156 Seiten
| mit 200 meist farb.,
| teils ganzseit. Abb.,
| Bibliographie, broschiert

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Es gibt Künstler, die deswegen nicht vergessen werden, weil andere Künstler sie stets als Beispiel zitieren. Paul Thek gehört dazu. Er genießt Kultstatus. Die Lücke einer Überblickspublikation wird mit diesem Buch endlich geschlossen. Es ist ein Leitfaden in drei Teilen entstanden: Margit Brehm, Axel Heil und Roberto Ort erzählen in ihrem Essay unter dem märchenhaften Titel Tales the Tortoise Taught Us (Geschichten, die uns die Schildkröte erzählte) vom ambivalenten Verhältnis des Künstlers zu seiner amerikanischen Heimat, „Turtle Island“, von Theks ungewöhnlichem, aber zugleich typischem Künstlertum in der Beat- und Hippiegeneration. Thek widersetzt sich der seriellen Kunst der Pop Art als bloßer Konsumkunst und geht eigene Wege, wie in den „technologischen Reliquien“, Theks Antwort auf die Pop Art.

Der zweite Teil ist ein chronologisch geordneter Werküberblick von 1963 bis zu Paul Theks tragischen AIDS-Tod 1988. Die chronologische Biografie im dritten Teil des Buches beschreibt detailreich die Stationen seines künstlerischen Lebens, ergänzt durch zahlreiche Original-Zitate.

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