Mit der großen Überblicksausstellung „Tobias Rehberger. Home and Away and Outside“ widmet sich die Schirn Kunsthalle Frankfurt einem der interessantesten deutschen Künstler seiner Generation. Tobias Rehberger (*1966), der in Frankfurt am Main lebt und arbeitet, ist international für sein ebenso pointiertes wie pointenreiches Werk bekannt.
Die Schirn präsentiert vom 21. Februar bis 11. Mai 2014 anhand einer Auswahl von mehr als 60 Arbeiten die erste umfassende Ausstellung des Künstlers in Frankfurt am Main. In enger Zusammenarbeit mit Tobias Rehberger wird auf über 700 m² Ausstellungsfläche die mediale, thematische und kontextuelle Vielschichtigkeit von Rehbergers Werk sowie seine künstlerische Entwicklung nachgezeichnet.
KATALOG | Tobias Rehberger. Home and Away and Outside
172 Seiten mit 60 farbigen Abbildungen Sprache: Deutsch, Englisch 24 x 1,5 x 29 cm
Eigens für die Präsentation hat Tobias Rehberger eine aufwendige Ausstellungsarchitektur konzipiert, in welche die Exponate aus den letzten 20 Jahren seines Schaffens eingebunden werden.
Die auf drei Galerieräume verteilte Ausstellung von Tobias Rehberger beginnt mit einem optisch verstörenden, farblich anziehenden Gesamtkunstwerk: Eine aus der militärischen Strategie abgeleitete Dazzle- Camouflage erobert Boden und Wände und drängt sich in den Raum. Das optische Flimmern der All-Over-Bemalung wird durch deren Kombination mit Gemälden und Skulpturen verstärkt, die Rehberger erstmals in dieser Weise einsetzt. Während hier eine Überreizung der Wahrnehmung dominiert, überrascht der zweite Teil der Ausstellung mit akademischer Seriosität und einer konzentrierten Auswahl von angewandten und funktionalen Kunstwerken, in denen sich ein Skulpturen begriff offenbart, wie er für die Arbeiten seit den 1990er-Jahren kennzeichnend ist. Der dritte Teil findet sich in der SCHIRN-Rotunde, für die eigens eine große, ortsspezifische Arbeit entwickelt wird.
Tobias Rehberger, 1966 in Esslingen am Neckar geboren, studierte von 1987 bis 1993 an der renommierten Staatlichen Hochschule für Bildende Künste, der Städelschule in Frankfurt am Main bei Thomas Bayrle und Martin Kippenberger. Seit 2001 lehrt er ebenda als Professor für Bildhauerei. 2009 erhielt er mit dem Goldenen Löwen als bester Künstler bei der 53. Biennale von Venedig seine bislang höchste internationale Auszeichnung für eine raumgreifende Gesamtinstallation, die er als Cafeteria für die Biennale im „Palazzo delle Esposizione“ gestaltete und die dauerhaft als Funktionsraum genutzt wird. Neben Einzelausstellungen u.a. im Leeum Samsung Museum in Seoul (2012), im Stedelijk Museum in Amsterdam (2008), im Museum Ludwig in Köln (2008), im Centro de Arte Reina SofÃa in Madrid (2005) und im MCA Chicago (2000) sowie zahlreichen Gruppen- und Galerieausstellungen u.a. in New York, Tokio, London, Paris, Mailand, Rom, Brüssel, Berlin und Antwerpen sind Rehbergers Arbeiten in den wichtigsten internationalen Sammlungen vertreten.
Tobias Rehbergers Arbeit lässt sich weder einem speziellen Medium noch Thema zuordnen. So erarbeitet der Frankfurter Künstler aus den unterschiedlichsten Materialien Skulpturen, Installationen, Poster, Gemälde sowie ganze Environments und generiert ein Themenspektrum, das von optischen Täuschungen über Identitätsspiele bis hin zu Fragen der Vergänglichkeit reicht. Der Entstehungsprozess steht häufig im Mittelpunkt seiner Kunst — so arbeitet der Künstler oft aus der eigenen Erinnerung heraus, lässt sich von überholten Herstellungsverfahren inspirieren oder provoziert, indem er vermeintliche Fehler in seine Werke einbaut, beziehungsweise sie auf den ersten Blick als Kopien erscheinen lässt. Viele Arbeiten sind Beispiele einer geteilten Autorenschaft, also Werke, in denen Rehberger Angaben und Ideen Dritter verarbeitet.
Psychedelisches Gesamtkunstwerk
Die in drei Kapitel unterteilte Ausstellung „Tobias Rehberger. Home and Away and Outside“ beginnt mit einer Weiterführung seiner preisgekrönten Arbeit Was du liebst, bringt dich auch zum Weinen (2009) für die 53. Biennale in Venedig, die diesmal jedoch nicht als Funktionsraum, sondern als Kunstraum verstanden werden will.
Rehberger tapeziert den gesamten ersten Saal der Schau samt Einrichtung und einer neu geschaffenen Skulptur mit einer Dazzle-Camouflage-Grafik, deren Muster er eigens für die Ausstellung entworfen hat. Diese erzeugt ein optisches Flimmern, in dem Raum und Kunstwerke miteinander verschmelzen. Tobias Rehberger schafft in Frankfurt eine Neuinszenierung seines bekannten Werkes, in dem er die Raumwirkung durch die Kombination mit weiteren Arbeiten verstärkt und verändert.
So platziert er im Raum Werke wie die sogenannten „handicapped sculptures“, in die er vermeintliche Fehler einbaut und den Betrachter so vor ein ästhetisches Dilemma stellt. Außerdem finden sich großformatige, mit unterschiedlichen Materialien bearbeitete Spiegel aus der Serie Kim explores her face in the broken mirror (2007/2011) oder die in Format und Machart pointierte Malerei wie Large cuckoo clock (2009): Ein rundes Wandbild, das durch seine unerwartete Funktion als Kuckucksuhr einen Kommentar zu Funktionsweisen von Kunst darstellt. Durch diese Verknüpfung der einander überlagernden Werke verwischt Tobias Rehberger eine mögliche Hierarchie künstlerischer Medien.
Während der Künstler mit seiner Dazzle-Arbeit eine Überflutung des Sehens heraufbeschwört, hat der zweite Teil der Ausstellung eher minimalistischen Charakter und überrascht mit akademischer Seriosität. Die in Weiß gehaltene, an ein Architekturmodell erinnernde Landschaft, die Tobias Rehberger für diesen Teil der Ausstellung entwickelt hat, nimmt die gesamte Fläche der westlichen Galerie der Schirn ein und hebt die Grenzen zwischen Podest und Sockel, Sitzmöglichkeit und Lauffläche auf. Die Funktion der Ausstellungsarchitektur ergibt sich letztlich erst aus der Betrachtungs- und Benutzungsweise durch die Besucher. Präsentiert wird eine konzentrierte Auswahl scheinbar angewandter und funktionaler Objekte, in denen sich Rehbergers Skulpturenbegriff offenbart, wie er für seine Arbeit seit den 1990er-Jahren kennzeichnend ist. Der Künstler greift hier das wiederkehrende Missverständnis auf, dass er an der Schnittstelle von Kunst und Design operiere, wie die potentielle Verwendbarkeit seiner Werke zeigen würde.
In diesem Teil der Ausstellung findet sich zum Beispiel die Arbeit We never work on Sundays (1994), eine Serie von Stühlen, darunter Untitled (Aalto), Untitled (Breuer) und Untitled (Judd), für die Designklassiker der 1920er und 1930er-Jahre als Grundlage dienten. Rehberger ließ die Stühle nach seinen aus dem Gedächtnis gezeichneten Skizzen von Kameruner Schreinern und Handwerkern, welche die Originale nicht kannten, nachbauen. Das Aufeinandertreffen von europäischem Design und afrikanischer Handwerkskunst erzielt beim Betrachter eine Irritation. Tobias Rehberger, der häufig aus seiner Erinnerung heraus arbeitet, spielt hier mit seiner persönlichen Idee des Äußeren der Gegenstände und dem Ausmaß ihrer kulturellen Kodierung. Die Objekte werden auf der einen Seite der gewöhnlichen Vorstellung von Alltagsgegenständen zwar nicht gerecht, können auf der anderen Seite jedoch als solche funktionieren und somit als Design verstanden werden.
Auch die Werkgruppe Fragments of their pleasant spaces (in my fashionable version) (1996/1999/2009) findet sich in der von Rehberger gestalteten architektonischen Landschaft wieder. Die Möbelgruppen wirken auf den ersten Blick wie dysfunktionale Möbel vergangener Zeiten. Die Titel jedoch verraten dem Betrachter nicht nur, welche Situationen er hier vor sich hat, sondern zeigen auch auf, dass es sich um mehrere Autoren handelt. Der Künstler nutzt den Input Dritter, um Raumsituationen zu kreieren, mal mit anthropomorphen Formen und schrillen Farben der 1970er-Jahre zu spielen, mal an den Minimalismus der 1960er-Jahre zu erinnern und schließlich auf die Sitz- und Liegemöbel der 1990er-Jahre Bezug zu nehmen.
Abgeschlossen wird der zweite Teil der Ausstellung durch eine große Freitreppe, die einer Tribüne ähnlich als Sitzgelegenheit einlädt, die Arbeit Gu mo ni ma da (2006) zu erkunden — jedoch nicht in dreidimensionaler Form sondern als wandfüllende Fototapete. Tobias Rehbergers Arbeit, deren Originalmaße 4,32 x 10,4 x 3,5 m betragen, ist eine Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte seines ehemaligen Studenten und heutigen Künstlerfreundes Danh Võ. Rehberger wirft auch hier wieder Fragen der Urheberschaft, der künstlerischen Kontrolle und des genuinen Einflusses des Künstlers auf sein Werk auf, da er den Produktionsprozess wie bei vorherigen Werken in die Hände anderer legt.
Der dritte Teil der Ausstellung befindet sich in der frei zugänglichen Schirn-Rotunde. Hierfür hat Tobias Rehberger eine großformatige, leuchtende und beleuchtete Skulptur mit dem Titel Regret (2014) konzipiert, die in der gläsernen Rotundendecke installiert wird und thematisch zu den schattenwerfenden Figuren der neuesten Werkphase des Künstlers gehört. Diese Arbeiten werden erst durch den Einsatz von Licht und Schatten komplettiert und projizieren je nach Position des Objekts zur Lichtquelle ein Wort in ihrem Schatten, welcher als das eigentliche künstlerische Werk verstanden werden kann. Ein Podest in der Mitte der Rotunde fängt den Schatten auf und lädt zum Verweilen unterhalb der Skulptur ein.
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